Henri Bergsons Kritik des Intellekt

Henri Bergsons Kritik des Intellekt

Henri Bergson

Erkenntnis zwischen Statik und Fluss

Autor: Ronald Engert
Kategorie: Geistes- und Sozialwissenschaften / Philosophie
Ausgabe Nr.: 07

Henri Bergson hat in seinem Werk »Die schöpferische Entwicklung« neben seinem Hauptthema der Evolution und der philosophischen Erfassung des Lebens der Differenzierung des menschlichen Erkenntnisapparates breiten Raum gegeben. Er unterscheidet zwischen dem Intellekt, der die Wirklichkeit in statische Teile zerlegt, die der Zeit enthoben sind, und der Intuition, die den Fluss der Wirklichkeit, das dauernde Werden und Entwerden in seiner Ganzheit erfasst.

Methodische Vorbemerkung

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um die Herausarbeitung eines bestimmten philosophischen Aspekts aus Henri Bergsons Die schöpferische Entwicklung.

Es wurde versucht, Bergsons Darlegungen so authentisch wie möglich zu präsentieren und die Schönheit seiner Sprache, so oft es nur geht, für sich selbst sprechen zu lassen. Deshalb wurde eine recht große Zahl von Zitaten in den Aufsatz aufgenommen. Rupert Sheldrake sagte schon im vorangehenden Dialog über Henri Bergson: »Kaum jemand kennt heute Bergson, und noch weniger haben ihn gelesen.« Die vorliegende Art der Präsentation soll die Möglichkeit geben, diesem Mangel abzuhelfen.

Es handelt sich bei dieser Zusammenstellung der Zitate um eine bewußte Selektion, die eine bestimmte Argumentationslinie Bergsons, die Kritik des Intellekts, herausfiltert. Jeder Kommentator bezieht allein schon durch die Auswahl der Zitate eine Position. Damit ist der Anspruch der Objektivität obsolet. Im vorliegenden Text wurde diesem Umstand Rechnung getragen, d.h. die Auswahl war das Arbeitskriterium.

Die besondere Eigenschaft des Lebendigen ist es, völlig Neues, Unvorhersehbares hervorzubringen. Es läßt sich nicht unter berechenbare Mechanismen subsumieren.

Intellekt und Dauer

Der Intellekt ist dazu bestimmt, schreibt Bergson, »die vollkommene Verwebung unseres Körpers in seine Umgebung zu sichern, die Beziehungen der äußeren Dinge aufeinander vorzustellen, kurz: dazu, die Materie zu denken.« (43) Der Intellekt bezieht sich auf die leblosen Gegenstände, dort wo auch die Arbeit und die Handlung ihren Ort haben. Das Denken ist jedoch in seiner logischen Form unfähig, »das wahre Wesen des Lebens, den tieferen Sinn der Entwicklungsbewegung vorzustellen.« (43)

Der Intellekt ist ein Teilbereich des Lebens, der aus diesem heraus entstanden ist, um dem Menschen das Überleben zu sichern. Er arbeitet im tiefsten Grunde mechanistisch. Wenn deshalb die Philosophie versucht, den Intellekt auf die Beschreibung der Lebensphänomene anzuwenden, so führt dies zu falschen Ergebnissen.

Es gibt aber noch einen Bereich jenseits des denkenden Intellekts, mit dessen Hilfe die Erkenntnis des Lebens möglich ist. Insofern ist Lebenstheorie untrennbar mit Erkenntnistheorie verbunden. Nur so kann die Lebenstheorie von den Kategorien des Verstandes abstrahieren.
Jegliche Wahrnehmung ist in ständigem Wandel. Aus den kontinuierlichen Übergängen machen wir diskontinuierliche Strukturen. Unsere Aufmerksamkeit wendet sich dem Fluß in einer Reihe diskontinuierlicher Akte zu. Dies ist jedoch nur die Arbeitsweise unseres Verstandes, nicht die Eigenschaft der Realität, denn »setzte unser Dasein sich aus getrennten Zuständen zusammen, deren Synthese ein unwandelbares »Ich« zu stiften hätte, es gäbe für uns keine Dauer«. (51) Der Begriff der »Dauer« ist zentral in der Philosophie Bergsons. Er steht für den fließenden Prozeß des Lebens innerhalb der realen Zeit. Das »Ich« ist eine Erfindung; es ist das Feststehende, Unbewegliche, das der Diskontinuität der Teile entgegengesetzt wird. Dauer gibt es nur in der Veränderung: »Hörte ein seelischer Zustand auf, sich zu verändern, seine Dauer würde aufhören zu fließen.« (49) Das psychologische Leben fließt, und es vollzieht sich innerhalb der realen Zeit, der Dauer. Nicht Ablösung von Moment durch Moment ist die Dauer, denn dann gäbe es keine Gegenwart.

Kurt Schwitters

Kurt Schwitters – Contramerk
1923, Sammlung Deutsche Bank
Diese Arbeit versinnbildlicht eindrucksvoll
die Arbeit des Intellekts.

Die Dauer, die die reale Zeit ist, ist nicht umkehrbar. »Dauer ist ununterbrochenes Fortschreiten der Vergangenheit, die an der Zukunft nagt und im Fortschreiten anschwillt.« (52) Unsere früheste Kindheit ist in uns präsent. Das ist unsere Ganzheit aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. »Das Fortleben der Vergangenheit ergibt für das Bewußtsein die Unmöglichkeit, denselben Zustand zweimal durchzumachen.« (52)
Unsere Persönlichkeit wandelt sich unablässig, sie wiederholt sich nicht. Der Wandel dient der Reifung, der Selbsterschaffung. Dies ist die Bedeutung unseres Daseins.

Leben und Materie

Jeder stoffliche Gegenstand verhält sich genau umgekehrt zum lebenden Wesen. Entweder er bleibt, was er ist, oder er ist nur eine Umlagerung von Teilen, die selbst wieder unveränderlich bleiben. Jeder Zustand ist wiederherstellbar. Der Gegenstand hat keine Geschichte. »Die Materie hat eine Tendenz dazu, isolierbare, mathematisch behandelbare Systeme zu bilden. (…) Indessen, es bleibt bei dieser Tendenz. Die Materie geht nicht bis ans Ende; die Isolierung wird nie vollständig.« (56)

Lebende Systeme verhalten sich anders. Sie unterliegen der Dauer. »Das Universum dauert. Je tiefer ins Wesen der Zeit wir eindringen, desto tiefer begreifen wir, daß Dauer Erfindung, Schöpfung von Formen bedeutet, ununterbrochenes Hervortreiben von absolut Neuem.« (59) Die besondere Eigenschaft von Lebendigem ist es, völlig Neues, Unvorhersehbares hervorzubringen. Sie läßt sich nicht unter berechenbare Mechanismen subsumieren.

Das Leben, so sagen wir, geht hinaus über die Zweckmäßigkeit, wie über alle anderen Kategorien. Dem Wesen nach ist es ein durch die Materie geschleuderter Strom, der aus ihr zieht, was er eben kann.

Die Dinge entstehen aus unserer Absicht. Wenn unsere Handlungsweise sich nicht in den Dingen, als verwendbare oder zu bearbeitende, einprägte, könnten wir sie gar nicht in Form und Kontur wahrnehmen, sondern sie wären in eine universelle Wechselwirkung aufgelöst.
»Denn die bestimmten Konturen, die wir einem Gegenstand zuschreiben und die ihm seine Individualität verleihen, sind nichts als der Umriß einer gewissen Art Einfluß, den wir an einer gewissen Stelle im Raum ausüben könnten: nur der Plan unserer möglichen Handlungen ist es, der unserem Auge wie durch Spiegel zurückgeworfen wird, wenn wir die Flächen und Kanten der Dinge wahrnehmen. Schalte diese Handlung, und damit die großen Straßen, aus, die sich kraft der Wahrnehmung im voraus durch die Wirrnis des Wirklichen bahnt, und die Individualität des Körpers löst sich auf in die universelle Wechselwirkung, die ohne Zweifel die Realität selber ist.« (59f.)

Die Dinge werden vom Intellekt gleichsam aus dem Fluß des Wirklichen entschnitten. Dieses Herausschneiden erfolgt gemäß den Koordinaten einer Handlung. Wer aber ist es, der diese Handlung ausführt, der schon vor aller Handlung existiert, der ein lebender Körper ist?
Der lebende Körper unterscheidet sich grundlegend von der Materie. Er zeichnet sich durch heterogene Teile und Verschiedenartigkeit der Funktionen aus. Dadurch wird er zu einem Individuum. Diese Individualität liegt aber nicht als Zustand vor, sondern als Tendenz. Das Lebewesen muß philosophisch anders eingeordnet werden als ein Gegenstand. Dies wirft ein Licht auf die Stellung des Intellekts. Der Intellekt, der auf Berechnung und Kontrolle der materiellen Phänomene abzielt, hat die Tendenz, auch das Lebendige seinem Schema zu unterwerfen. Dies ist aber nicht möglich, da es sich bei den Lebewesen um einzigartige und unvorhersehbare Wesenheiten handelt, die nicht schematisierbar oder verallgemeinerbar sind.

Francisco de Goya Francisco de Goya
Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheur (1793)Mit diesem Bild wollte Goya die Geistesverirrungen des von Krieg und Inquisition heimgesuchten Spaniens versinnbildlichen – ein Produkt des statischen Denkens mit seinen Dogmen und Machtansprüchen.

Mechanismus und Finalismus

»Sie [die Voraussicht durch den Intellekt] kann nur mit dem operieren, was wiederholbar erscheint, mit dem heißt das, was der Voraussetzung nach den Wirkungen der Dauer entzogen ist. Die Wiederholung widerspricht der Einmaligkeit und zeigt die Unzulänglichkeit des Intellekts zur Erkenntnis des Lebens. Ihr entgeht, was von Unreduzierbarem und Unumkehrbarem in der Momentenfolge einer Geschichte lebt. Denn um diese Unreduzierbarkeit und Unumkehrbarkeit vorzustellen, muß mit wissenschaftlichen Gewohnheiten, die den elementaren Forderungen des Denkens entsprechen, gebrochen, muß dem Geiste Gewalt angetan, muß die natürliche Bahn des Intellektes rückerklommen werden. Ebenda aber liegt die Rolle der Philosophie.« (74)

Wissenschaft geht auf die Wiederholung; der Vergleich, das Gleichartige ist ihre Domäne. Sie entwickelte sich aus dem Intellekt und erklärt die materiellen Phänomene. Der Intellekt arbeitet entweder mechanistisch oder finalistisch. Mechanistische Konzepte, die künstliche Systeme aus dem Gesamtzusammenhang isolieren, können das Leben nicht beschreiben. Wenn, dann ist das Lebewesen höchstens mit dem natürlichen System zu vergleichen, »das sich im Ganzen des Universums darstellt.« (75). Die mechanistische Erklärung kann für natürliche Systeme, das Ganze selbst, und die Systeme, die innerhalb seiner und nach seinem Bilde naturhaft entstehen, nicht gelten, denn damit würde die reale Zeit überflüssig, ja irreal.

Die Tendenz zur Weltformel, die alles beschreibt und zugleich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umfaßt, ist genuiner Ausdruck dieses mechanistischen Verständnisses. »Der entschiedene Mechanismus schließt eine Metaphysik in sich, für welche die Totalität alles Wirklichen von Ewigkeit her in Bausch und Bogen gesetzt ist und die augenscheinliche Dauer der Dinge nur die Schwäche eines Geistes ausdrückt, der nicht alles auf einmal zu erkennen vermag. Für unser Bewußtsein aber, und das heißt für das Unantastbarste unserer Erkenntnis, hat die Dauer einen ganz anderen Sinn. Hier nehmen wir die Dauer wahr als einen Strom, den man nicht zurückschwimmen kann. Hier ist sie der Grund unseres Wesens, ist – wir fühlen es wohl – die eigene Substanz der Dinge, mit denen wir in Verbindung stehen. Umsonst läßt man vor unseren Augen die glänzende Perspektive einer universalen Mathematik aufblitzen, wir können den Forderungen eines Systems die Erfahrung nicht opfern. Dies der Grund, warum wir den entschiedenen Mechanismus verwerfen.« (82)

Ebenso wie der Mechanismus eignet sich auch der Finalismus (die Lehre, daß alles auf ein Ziel oder einen Zweck gerichtet ist, d. Verf.) nicht zur Beschreibung der Lebensprozesse. Dieser hat, etwa bei Leibniz, nicht mehr zu bieten als ein festgelegtes Programm. Auch hier waltet, wie in der mechanistischen Hypothese, die Annahme, es sei alles gegeben.

Der Irrtum des entschiedenen Finalismus ebenso wie des Mechanismus besteht in der Verwendung von Begriffen, die dem Intellekt entlehnt sind. »Ursprünglich denken wir nur, um zu handeln. In der Gußform der Tat ist unser Intellekt gemodelt worden.« (86) Der Intellekt setzt einen Zweck, macht einen Plan und untersucht dann den Mechanismus, der zur Verwirklichung führt. Deshalb muß man Gleichförmiges, Gesetzmäßigkeiten und Wiederholbares haben, das ein Vorwegnehmen der Zukunft erlaubt. Dies alles fällt in den Bereich der Kausalität. Der natürliche Hang des Geistes führt in die Mathematik. Diese geht hervor aus dem Handwerk, der Beherrschung kombinierter Bewegungen zur Herstellung gleicher Modelle. Der Intellekt arbeitet mit Absichten und Berechnungen. Er hat die Notwendigkeit des Handelns, um zu überleben.
»Reale Dauer ist jene, die sich in die Dinge einbeißt und ihnen das Mal ihrer Zähne zurückläßt. Ist aber alles in der Zeit, dann wandelt sich auch alles von innen her, und die gleiche konkrete Wirklichkeit wiederholt sich nie.« (89)

»So kehrt sich der Verstand, einzig auf das konzentriert, was sich wiederholt, einzig darin befangen, Gleiches mit Gleichem zu verschweißen, vom Schauen der Zeit ab. Ihn widert das Fließende, und er bringt zur Erstarrung, was er berührt.« (90)

Der Verstand arbeitet nach Schablone, aber die Philosophie zeigt die Notwendigkeit, mit »Maßanfertigungen« (92) zu arbeiten, denn jedes Wesensmerkmal, jedes Wesen ist einzigartig. »Ehe aber der Verstand zu diesem Äußersten schreitet, zieht er es vor, ein für allemal mit stolzer Bescheidenheit zu verkünden, er erkenne nur Relatives, und das Absolute schlage nicht in sein Fach: welche vorausgeschickte Erklärung ihm dann erlaubt, seine gewohnte Methode skrupellos anzuwenden, und unter dem Vorwand, nicht an das Absolute zu rühren, absolute Entscheidungen zu treffen.« (92)

Evolution und Lebensschwungkraft

Bergson diskutiert in seinem Werk die Entstehung der Arten. In einer ausführlichen Analyse zeigt er die Unzulänglichkeit sowohl des Mechanismus als auch des Finalismus auf. Darwinistischen und Lamarckistischen Theorien weist er ihre Unzulänglichkeit für eine umfassende Erklärung der Zusammenhänge nach.

Er führt nun seine Theorie des élan vitale, der Lebensschwungkraft, ein. »Damit sind wir nach langem Umweg zu dem Gedanken zurückgekehrt, von dem wir ausgingen; dem Gedanken einer ursprünglichen Lebensschwungkraft, die durch Mittlerschaft der entwickelten Organismen, der Bindeglieder der Keime, von Keimgeneration auf Keimgeneration übergeht. Diese Schwungkraft, die in den verschiedenen Entwicklungsreihen, an die sie sich verteilt, fortlebt, ist die tiefere Ursache der Variationen; derer zum mindesten, die sich regelmäßig vererben, die sich summieren, die neue Arten schaffen.« (124)

Henri Bergson

Henri Bergson (1859-1941)

Interessant erscheint hier, daß nicht die Organismen die Hauptrolle spielen, sondern die Keime, deren Bindeglieder sie nur sind. In den Keimzellen ist der Ort des Lebens, hier ist es am aktivsten. Die wachsenden Organismen sind die in ihrer Stofflichkeit fest gewordenen, geronnenen Produkte der Lebenskraft. (* hier und an vielen anderen Stellen drängt sich der Vergleich mit Viktor Schauberger auf, der das Verhältnis von Leben und Materie auf exakt die gleiche Weise bestimmt.)

Um nun aus dem Bereich der Entwicklung der organischen Formen nur ein Beispiel zu nennen, sei auf das Auge eingegangen. Das Auge ist nicht erklärbar aus äußerlichen oder zweckmäßigen Gründen. Der Sehapparat ist das gleichsam an der materiellen Peripherie aufgeworfene Material, das sich durch den Vorgang des Sehens dort eingefunden hat. »Im Sehen ist mehr als die das Auge ausmachenden Zellen, mehr als ihre wechselseitige Zusammenordnung: in diesem Sinn gehen weder Mechanismus noch Finalismus weit genug. In anderem Sinn aber gehen beide, Finalismus und Mechanismus, zu weit; denn sie verlangen die ungeheuerlichste Herkulesarbeit von der Natur, wenn sie behaupten, bis zum einfachen Sehakt habe sie eine Unendlichkeit unendlich komplizierter Elemente übereinander getürmt, während doch die Natur nicht mehr Mühe hatte, ein Auge zu schaffen, als ich habe, meine Hand zu heben.« (130)

Henri Bergson

Henrie Bergson, Die schöpferische Entwicklung,
Erstausgabe des französichen Orginals (1907)

Bei der Bewegung der Lebensschwungkraft handelt es sich um eine einzelne ganze Bewegung, die von höherer Warte aus ihre jeweilige Funktion, z.B. das Sehen, ausführt. Dem menschlichen Intellekt, in seiner Vorgehensweise des Zerteilens und Zusammenstückelns, erscheint jede einfache natürliche Funktion hochkomplex.

»Das Sehen des Lebewesens ist ein mit Wirkung geladenes, ein durch die Gegenstände, auf die das Wesen zu wirken vermag, begrenztes Sehen: ein in Kanäle gelenktes Sehen ist es, und nur das Symbol dieser Kanalisierungsarbeit ist der Sehapparat. Und genauso wenig wie sich der Durchstich eines Kanals aus der Erdanfuhr erklärt, die seine Ufer bildet, genausowenig erklärt sich der Sehapparat aus dem Gefüge seiner anatomischen Elemente. Was die mechanistische These sagt, ist nur, daß die Erde Karre um Karre herangeschafft worden sei; was der Finalismus hinzufügt, daß sie nicht zufällig abgeladen worden sei, sondern daß die Kärrner einen Plan verfolgt hätten. Beide aber, Mechanismus und Finalismus, greifen fehl, denn der Kanal ist auf andere Weise entstanden.« (132)

Das Sehen ist, wie die Bewegung der Hand, wie der Fluß, eine Kraft, die sich ihren Weg durch die Materie bahnt. »Je nachdem der unteilbare Akt, der das Sehen ausmacht, mehr oder weniger weit vorrückt, setzt sich die Stofflichkeit des Organs aus einer mehr oder weniger großen Anzahl zueinander geordneter Elemente zusammen; lückenlos und vollkommen aber ist diese Ordnung mit Notwendigkeit. Sie kann keine teilweise sein; denn um es wieder und wieder zu sagen, der reale Prozeß, der sie entstehen läßt, hat kein Teile.« (133)

Je nach dem Grade der Entwicklung bildet das Lebewesen verschiedene Komplexitätsstufen von Organen heraus. Die Art und Form des Organs hängt davon ab, wie weit sich die jeweilige Lebensfunktion, hier die des Sehens, bereits in die Materie eingesenkt hat.

Hier ist auch das Phänomen erklärbar, das jede herkömmliche Evolutionstheorie in Frage stellt. Immer, wenn das Sehen gleichweit gediehen ist, so werden auch in weit auseinander liegenden Gattungen gleichartige Sehorgane existieren. Diese Sehorgane können nicht aus einer materialistischen Entwicklungstheorie erklärt werden, tauchen sie doch gleichartig bei Gattungen auf, deren Stammbäume sich schon weit vor der Entwicklung der vorliegenden Komplexität des Sehapparats geteilt haben.

Das Sehen, wie alles Leben, vollzieht sich dank der ursprünglichen Lebensschwungkraft. Leben hat die Tendenz, auf die tote Materie einzuwirken. Da die Richtung dieser Einwirkung aber nicht vorherbestimmt ist, gibt es so viele verschiedene Formen und Arten. […]

Lesen Sie den kompletten Artikel in der TATTVA VIVEKA 07

Dieser Artikel ist auch als PDF erhältlich:

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