Lakota – der Weg des guten Lebens

Lakota – der Weg des guten Lebens

Indianische Tradition und Moderne

Autor: Henry Red Cloud
Kategorie: Schamanismus
Ausgabe Nr: 68

Die Lakota sind der zweitgrößte Indianerstamm in den USA. Nach über hundert Jahren der Unterdrückung leben die Menschen im Reservat heute in großer Armut. Henry Red Cloud ist Nachfahre des legendären Chief Red Cloud, der die US-Regierung bezwang. Henry gründete das erste indianische Solar-Unternehmen und pflegt den alten Weg der Lakota mit der ursprünglichen Sprache, den Liedern und den Zeremonien. Er verbindet damit Tradition und Moderne und wird zu einem Lakota-Krieger des 21. Jahrhunderts.

Tattva Viveka: Wie ist derzeit die Situation der Lakota in Amerika, in der Pine Ridge Reservation?

Red Cloud: Man könnte sagen, dass wir Lakota seit 500 Jahren gegen »Terroristen« kämpfen, die in unser Land eindringen. Diese Terroristen sind mittlerweile so mächtig, dass sie uns einfach in Konzentrationslager umsiedeln konnten. Seit 1880 leben meine Vorfahren hauptsächlich in den Lagern. Man nennt sie Reservate, aber man sollte da genau hinschauen. Ich komme zum Beispiel aus dem Konzentrationslager Nummer 344.

Henry Red Cloud mit Bill Clinton
Henry Red Cloud mit Bill Clinton anlässlich der »Clinton Global Initiative«.

Im Jahr 1868 gab es einen wichtigen Vertrag zwischen Lakota-Indianern und der US Regierung. Darin stand, dass das bisherige Indianerland auch Indianerland bleiben sollte. Diese Verträge wurden aber gebrochen. Das heilige Land der Black Hills, pahá sápa, wurde uns genommen. Die Regierung wollte es wegen des Goldes. Die Häuptlinge aus dieser Zeit, wie z.B. Crazy Horse (Tȟašúŋke Witkó) und Sitting Bull (Tȟatȟáŋka Íyotake) kämpften im Red Clouds War. Dabei ging es uns um die Schließung des Bozeman Trails, einen Pfad durch Lakota-Gebiet, den die Goldsucher nutzten und militärisch sicherten.

Damals wurden dann die ersten Konzentrationslager/»Reservate« eingerichtet. Sie sagten uns, wir dürfen unsere Sprache nicht mehr sprechen, nicht mehr tanzen, keine Zeremonien mehr machen. Die Lakota leben nicht in der Nähe von New York, Florida oder Los Angeles. Sie schickten uns in die Northern Plains, in Gebiete, die sehr heiß waren, mit sehr viel Sonne und Wind, dort wächst nicht viel.

Das bedeutet es im 21. Jahrhundert ein Lakota-Krieger zu sein: einander zu helfen.

(…)

Erst 1978 wurde uns offiziell wieder erlaubt, Zeremonien abzuhalten und unsere Sprache zu sprechen. Leider gibt es viele Stämme, wie die Iroquai, Mohawk, Semiahmoo, die ihre Sprache, Zeremonien und Tänze vergessen haben. Sie wurden in die amerikanische Kultur assimiliert und verloren ihren Weg. Die Lakota waren in der Lage, ihre Traditionen zu bewahren. Wir teilen unsere Sprache, Tänze, unsere Gebete heute mit allen.

Chiefs
»Young« Sitting Bull of the Oglallas (nicht der berühmtere Hunkpapa gleichen Namens), Red Cloud, Swift Bear und Spotted Tail in Omaha, Nebraska, auf dem Weg nach Washington DC zu einem Treffen mit Präsident Ulysses S. Grant um über die Black Hills zu verhandeln (Mai 1875).

Seit 1880 gibt es jedoch keine richtige Infrastruktur, keine Ökonomie und keine Arbeit mehr für uns. Seit dem Jahr 2000 versuche ich herauszufinden, wie wir unsere Situation ändern können, indem wir z.B. eine eigene Ökonomie aufbauen. Ich schaute mir die Lage genau an und sah, dass nichts von alleine geschieht. Die Regierung wird uns nicht helfen. Im Gegenteil, sie sabotieren uns und hetzen die verschiedenen Stämme mit Gerüchten gegeneinander auf. Im Grunde hat die Regierung Sorge, das sich die Indianer nochmal zusammen tun wie in der Schlacht von 1876. Damals wurde die Regierung von den Lakota, Dakota, Nakota, Cheyenne und Arrapaho besiegt. Seitdem bekommen wir nichts mehr von der Regierung: Sollen sich die Indianer doch gegenseitig umbringen!

Zeremonien

Wieder unsere Sprache, unsere Lieder und Zeremonien zu nutzen, gibt uns diese Bewusstheit zurück. Eine wichtige Zeremonie ist das Zusammenstecken der Indianer-Pfeifen, davon erzählte mein Großvater oft. Als der Fort Laramie-Vertrag im Jahr 1868 unterzeichnet wurde, steckten die Häuptlinge ihre Pfeifen zusammen und sagten ihre Gebete, bevor sie den Stift für die Unterschrift berührten. (Die heiligen Pfeifen bestehen aus einem hölzernen Schaft und einem Pfeifenkopf aus Ton oder Stein. Die Pfeifen sind außerhalb der Zeremonien zerlegt und werden für die Durchführung der Zeremonie rituell zusammengesteckt und dadurch spirituell aktiviert. Solange eine Pfeife zusammengesteckt ist, ist sie ein aktives Zeremonialobjekt und wird mit entsprechender Hochachtung behandelt. Die Zeremonie endet mit dem Zerlegen der Pfeifen.) In diesem Gebet bittet man darum, das die sieben Generationen danach aufblühen werden. Ich hatte lange Jahre Schwierigkeiten das zu verstehen.

Lakota-Schild
Wir sind alle Spirit, du trägst den Spirit in dir, die Tiere tragen den Spirit in sich.

Ich kam nun zu der Schlussfolgerung, dass wir unseren alten Weg wieder aufnehmen sollen. Mein Großvater sagte immer, der alte Weg sei der gute Weg. Der Weg der Weißen sei nur zur Hälfte gut. Ich solle die gute Hälfte davon nehmen und es zu dem Lakota-Wissen hinzufügen.

Ich bin jetzt die 5. Generation, der fünfte direkte Nachkomme von Red Cloud. Meine Kinder sind die 6. und meine Enkel die 7. Generation seit damals. Das nennt man die heiligen Sieben.

Ich sehe es heute als meine Aufgabe an, den alten Weg der Lakota und den neuen Weg zusammen zu bringen; sodass wir alle, Lakota und auch alle Menschen der Welt wieder verstehen, dass wir etwas tun müssen. Wir müssen jetzt gemeinsam kämpfen und die Erde verteidigen.

(…)

Was bedeutet Spiritualität für dich?

Red Cloud: Spiritualität ist die Erde. Die Erde ist meine Kirche. Das Universum und die Lebewesen – das ist meine Zeremonie. Für alle Lakota ist das so. Die ganze Schöpfung ist spirituell.

Tattva Viveka: In der westlichen Kultur gibt es eine Trennung zwischen der materiellen Welt und dem spirituellen Leben. Ist das bei den Lakota auch so?

Red Cloud: Nein, so war es nie. Um ein Beispiel zu nennen: Als ich das Unternehmen Lakota Solar Energy gründete, war ich der einzige Indianer im ganzen Land, der eine Firma hatte. Ich hätte sicherlich Millionen verdienen können. Aber ich habe es von Anfang an mit anderen Stämmen geteilt. So dass alle damit ihr eigene Existenz sichern können. Geld anhäufen und denken, dass man besser ist als andere, ist nicht meine Einstellung. Man hilft den anderen. Das bedeutet es im 21. Jahrhundert ein Lakota-Krieger zu sein: einander zu helfen. Vor zweihundert Jahren hätte ich das Gleiche getan, meinen Hirsch mit den anderen geteilt. Wie gesagt, ich hätte viel Geld verdienen können. Aber warum hätte ich das tun sollen? Wir müssen in der Kultur des Helfens und des Respekts denken.

Red Cloud (1822-1909)
Red Cloud (1822-1909) – Lakota Häuptling und Krieger
Unsere Zeremonien und unsere Art zu leben bedeuten eine lebenslange Verpflichtung für uns.

Tattva Viveka: Ist die Welt der Ahnen und der Geister realer als die materielle Welt?

Red Cloud: Für mich ja und auch für viele traditionelle Lakota. Es gibt heute eine generelle Bewegung hin zu dieser Ansicht. Es ist eine stille Graswurzelbewegung und je mehr Menschen daran teilnehmen umso mehr bewegt es sich. Wir brauchen Vertrauen und Respekt. Ich werde nichts von dir nehmen, ohne dich zu fragen, und es nicht missbrauchen. Unsere Zeremonien und unsere Art zu leben bedeuten eine lebenslange Verpflichtung für uns. Erst nach vielen Jahren erreicht man eine bestimmte Entwicklungsstufe in der Art und Weise, wie wir leben. Das geht nicht über Nacht.

Jedes Jahr werden mit Lakota-Zeremonien in Europa 60 Mio. Euro umgesetzt. Die Lakota bekommen nichts davon. Würden diejenigen, die für die Schwitzhütten Geld nehmen, nur 10% an uns abführen, könnten wir die miserable wirtschaftliche Situation unseres Volkes erheblich verbessern.

(…)

Henry Red Cloud auf Deutschlandtour
Veranstaltung in Dörzbach anläßlich Red Clouds Deutschlandtour 2016.

Unsere Zeremonien handeln vom Universum, der Sonne, dem Himmel, dem Wind, dem Wasser, von allem Natürlichen. Jemand, der unsere Zeremonien ausführen will, muss mit uns für Jahre leben, nicht nur für einen Urlaub. Man muss die Sprache verstehen und sprechen. Wenn du die Sprache sprichst, arbeitet dein Geist anders!

Mein Buch musst du mit deinem Herzen lesen und unsere Lebensweise genau kennen. Liest du es nur mit deinem Verstand, wirst du verrückt.

Wir erlauben nicht, die Lakota-Schwitzhütte zu machen, wenn jemand nicht von uns gelernt hat. Kommt zu uns, lernt von uns. Wir geben es gerne weiter.

Zum Autor

Henry Red Cloud

geb. 1960 im Pine Ridge Reservat der Lakota, USA. Vollblut und Nachfahre des Lakota Chiefs Red Cloud. Verließ die Armut im Reservat, um als Stahlarbeiter zu arbeiten. Kehrte nach 16 Jahren zurück. Vater von 8 Kindern. Gründete 2006 Lakota Solar Enterprises. 2008 Gründung des Red Cloud Renewable Energy Training Center. Gewinner des Global EnergyAwards 2011.

Webseite: www.lakotasolarenterprises.com

Hier kann man das Buch bestellen: Die stille Revolution der 7. Generation

Der Autor und Lakota-Chief Henry Red Cloud

Lakota – der Weg des guten Lebens (PDF)

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Henry Red Cloud
Lakota – Indianische Tradition und Moderne

Die Lakota sind der zweitgrößte Indianerstamm in den USA. Nach über hundert Jahren der Unterdrückung leben die Menschen im Reservat heute in großer Armut. Henry Red Cloud ist Nachfahre des legendären Chief Red Cloud, der die US-Regierung bezwang. Henry gründete das erste indianische Solar-Unternehmen und pflegt den alten Weg der Lakota mit der ursprünglichen Sprache, den Liedern und den Zeremonien. Er verbindet damit Tradition und Moderne und wird zu einem Lakota-Krieger des 21. Jahrhunderts.
 

 

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