»Neue Bewusstseinskultur in einer aus den Fugen geratenen Welt«

»Neue Bewusstseinskultur in einer aus den Fugen geratenen Welt«

Nachlese zum Kongress Meditation und Wissenschaft

Autor: Ronald Engert
Kategorie: Gemeinschaften / Projekte
Ausgabe Nr: 54

Am Wochenende des 16. und 17. November 2012 fand der zweite Kongress »Meditation und Wissenschaft« in Berlin statt. 2010 hatte der erste Kongress dieser Reihe statt-gefunden und eine Marke gesetzt, die wohl so hoch liegt, dass sie nicht mehr zu erreichen ist.

Der erste Kongress 2010 war ein furioser und genialer Wurf, wurden doch dort auf hohem wissenschaftlichem Niveau gleichzeitig offensiv das Thema Spiritualität diskutiert. Bei dem diesjährigen Kongress war davon leider wenig zu verspüren. Man beschränkte sich auf ordentliche Handwerksarbeit und, wie Prof. Dr. Gerald Hüther es in seinem Einstiegsvortrag mit Blick auf die allgemeine schulische und akademische Ausbildung nannte, »Erbsenzählerei«.

Das Einzige, was mich an diesem Wochenende mit dem Kongress versöhnte, waren die Tränen von Prof. Dr. Dieter Vaitl, als er das Schlusswort sprach und vor Rührung seine Gefühle nicht mehr verbergen konnte. Das war wirklich berührend und ging unter die Haut. Deutlich wurde das auch durch den spontanen Applaus des Auditoriums. Da wurde mir persönlich klar, mit welcher Hingabe und Leidenschaft Prof. Vaitl an diesen Themen dran ist. Er wirkte auf mich an diesem Wochenende und schon in der anfänglichen Pressekonferenz generell sehr lebendig, präsent und kraftvoll. Auch die abschließende Podiumsdiskussion unter der Moderation von Gert Scobel ließ noch einen Hauch von Metakompetenz spüren. Hier ging es durchaus auch um Fragen der Spiritualität oder Subjektivität und wie diese in der wissenschaftlichen Forschung oder in dem Selbstverständnis des Wissenschaftlers zu verorten wären. So ganz war also das Nachdenken über Spiritualität nicht zu unterdrücken. Auch in den Vortrag von Dr. Ulrich Ott fiel der Begriff vereinzelt. Ansonsten wurde jegliche Bezugnahme zu spirituellen oder numinosen Bereichen des Lebens tunlichst vermieden. Man bemühte sich um harte Wissenschaft.

Der erste Kongress war ein furioser und genialer Wurf, wurden doch dort auf hohem wissenschaftlichem Niveau gleichzeitig offensiv das Thema Spiritualität diskutiert. Bei dem diesjährigen Kongress war davon leider wenig zu verspüren.

Wie mir zu Ohren gekommen war, hat wohl die Oberberg-Klinik unter Leitung von Dr. Gottschaldt tatsächlich einiges an Anfechtungen erdulden müssen, in dem Sinne, dass es dort »esoterisch« zuginge. Es fiel sogar in einen der Vorträge der Begriff der Illegalität, die einem wohl vorgeworfen wird, wenn man als Wissenschaftler auf spirituelle Gebiete geht. »Voodoo-Zauber« und »Eso-Gazetten« waren andere Begriffe, die ich hörte. Es herrschte ein Klima der Beklemmung und der Vorsicht in Bezug auf alles, was irgendwie auch nur entfernt mit Esoterik oder Spiritualität in Zusammenhang gebracht werden könnte. Einen Vortrag gab es, der sich mit den »spirituellen Ausdrucksformen deutscher Top-Manager« beschäftigte. Da ging es jedoch nur um christliche Kirchenreligion. Der Redner, Prof. Dr. phil. Eugen K. Buß, bekannte auf Nachfrage, dass er sich mit nicht-christlichen Formen der Spiritualität (Buddhismus, Yoga) wie auch mit dem Thema der Achtsamkeit nicht auskenne und dies auch nicht in seine Untersuchungen mit einbezogen hatte.

Blick ins Publikum, im Vordergrund mit den weißen Haaren
Prof. Dieter Vaitl,links daneben Dr. Ulrich Ott

Man konnte sich gut unter die Leute mischen, das Publikum bestand größtenteils aus Akademikern und Ärzten. Der Bannfluch, der auf der Spiritualität lag, konnte allenthalben wahrgenommen werden. Dies weniger bei den Gästen und Teilnehmern selbst, die allein durch ihre Teilnahme bereits ein Interesse an diesen Gebieten bekundeten, als vielmehr aus der Richtung der etablierten Institutionen und der öffentlichen Meinung, die offensichtlich noch komplett reduktionistisch ist, und von deren Urteil sich die Anwesenden wohl abhängig betrachteten. Auch das ist verständlich, bekommen diese Menschen doch ihr Geld von diesen Institutionen oder der öffentlichen Hand.

Das Geldthema war auch allerorts zu hören: Wie bekommen wir Forschungsgelder? Kann diese Untersuchung mit öffentlichen Mitteln gefördert werden? Was bezahlen die Krankenkassen? Das Hauptaugenmerk und wichtigste Motiv der anwesenden Forscherinnen und Wissenschaftler scheint darin zu bestehen, die meditativen Methoden in den Kanon der anerkannten und bezahlten beziehungsweise staatlich finanzierten Programme aufgenommen zu bekommen.

Es herrschte ein Klima der Beklemmung und der Vorsicht in Bezug auf alles, was irgendwie auch nur entfernt mit Esoterik oder Spiritualität in Zusammenhang gebracht werden könnte.

Dies hat den Nimbus der Anerkennung, deren Kriterium wohl immer noch darin besteht, dass es von staatlichen Behörden oder Krankenkassen als wirksam akzeptiert wird – weil dies bedeutet, dass der Wissenschaftler oder Arzt seine Leistungen bezahlt bekommt. Ob sie darüber hinaus auch eine wissenschaftliche oder gar philosophische Approbation dieser Themen im Auge behalten, frage ich mich. Darüber wurde kaum diskutiert. Wie gesagt, war dies auf den ersten Kongress im Jahr 2010 ganz anders. Da wurden die grundsätzlichen Fragen gestellt, wie zum Beispiel ob man eine rein objektivistische Wissenschaft überhaupt noch aufrechterhalten kann, und ob es nicht vielleicht vielmehr zwingend notwendig ist, die spirituellen Sphären in die Wissenschaft zu integrieren, weil man anders nicht mehr zu Erkenntnissen kommt.

Demgegenüber war der diesjährige Kongress eher ein Kongress der kleinen Schritte und der Details. Welche wissenschaftlichen Studien zu Meditation gibt es noch? Welche wissenschaftlichen Studien gibt es mittlerweile zur positiven Wirkung der Meditation auf Bildung oder Wirtschaft? Wie können wir belegen, dass Meditation Stress reduziert? Was bewirken Achtsamkeitspraktiken in der Burn-Out-Prophylaxe? Wie erhöhen sie die Resilienz? Wie Gert Scobel mir im Vieraugengespräch am Ende des Kongresses jedoch bestätigte: Es gibt keine neuen Details. […]

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Ronald Engert
Neue Bewusstseinskultur in einer aus den Fugen geratenen Welt
Nachlese zum Kongress Meditation und Wissenschaft

Am Wochenende des 16. und 17. November 2012 fand der zweite Kongress »Meditation und Wissenschaft« in Berlin statt. 2010 hatte der erste Kongress dieser Reihe statt-gefunden und eine Marke gesetzt, die wohl so hoch liegt, dass sie nicht mehr zu erreichen ist.
 

 

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