10 Feb Der Mensch als Wesen des Geistes
Genetik, Epigenetik und die Individualität jeder Krankheit
Autor: Prof. Dr. Dr. Matthias Beck
Kategorie: Medizin
Ausgabe Nr: 66
Die Wissenschaft und die medizinische Forschung suchen bis heute nach verallgemeinernden und objektiven Erkenntnissen. Das Individuum oder die Person sollen hier weitestgehend ausgeklammert werden. ›Je weniger Subjekt, desto mehr Objektivität‹ lautet das nicht ausgesprochene Credo. Der Forschungszweig der Epigenetik zeigt nun, dass die augenscheinlich selbe Krankheit vielmehr individuelle Ursachen hat wie auch individuelle Lösungsmöglichkeiten verlangt. Ein Epigenetiker und Theologe erklärt die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Ärzte wollen mit der ihnen zur Verfügung stehenden Medizin Krankheiten behandeln. Zur Interpretation dieser Krankheiten verwenden sie – oft unreflektiert – bestimmte Auffassungen vom Menschen, unterschiedliche Menschenbilder und verschiedene Krankheitsinterpretationen. Das können naturwissenschaftliche Zugänge zum Menschen und zum Phänomen der Krankheit sein, psychosomatische Annäherungen, homöopathische Konzepte, jene der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) oder auch jene einer – neu entdeckten – Traditionellen Europäischen Medizin. Hinter all diesen Zugängen stehen bestimmte Auffassungen vom Menschen und davon, was die Ursachen von Krankheiten sein können. Derzeit sind es in westlichen Zivilisationen weithin naturwissenschaftliche Interpretationen von Krankheiten. Hinzu kommen seit der Entwicklung der Psychologie durch Sigmund Freud und der daraus hervorgehenden psychosomatischen Medizin auch Aspekte der psychischen Konstellationen, die bei der Interpretation von Krankheiten eine Rolle spielen.
Schon lange weiß man, dass die Naturwissenschaften allein die Welt nicht erklären können.
Aber gerade die aktuellen Erkenntnisse der Genetik, Epigenetik, Hirnphysiologie sowie der sogenannten »Pharmaco-genomics« (s.u.) haben den Blick auf Krankheiten nicht nur erneut geweitet, sondern führen geradezu zu einem Paradigmenwechsel in der Medizin. War das bisherige Paradigma der naturwissenschaftlichen Medizin (und zum Teil auch der Psychosomatik) die Verallgemeinerbarkeit von Erkenntnissen, kommen jetzt immer mehr ganz individuelle Aspekte des Menschen in den Blick, die in jeder einzelnen Biographie anders sind. Konkret gesagt: bei aller Verallgemeinerbarkeit der Analyse z.B. von Krebserkrankungen, ist doch jede Erkrankung individuell anders zu betrachten. Die Naturwissenschaft lebt von der Verallgemeinerbarkeit also z.B. davon, dass Stammzellforschung in China genauso gemacht werden kann wie in Europa und dass man diese Ergebnisse vergleichen kann. Internationale Journale wie »Science« und »Nature« publizieren diese Erkenntnisse und so kommt eine weltweite Forschung zustande, die international vergleichbar ist.
Die Psychosomatik versucht schon mehr auf die einzelne Biographie einzugehen, aber auch deren Ergebnisse sollen im Rahmen der Wissenschaftlichkeit verallgemeinerbar sein. Jetzt aber taucht etwas ganz Neues auf: und zwar eigenartigerweise aus den Naturwissenschaften selbst. Schon lange weiß man, dass die Naturwissenschaften allein die Welt nicht erklären können, wie sie ist. Die sogenannte Unschärferelation von Heisenberg weist darauf hin, dass Ort und Impuls eines mikrophysikalischen Teilchens nicht zugleich bestimmt werden können. Das heißt, es gibt hier eine gewisse Unschärfe der genauen Bestimmbarkeit von Aufenthaltsort und Impuls dieser Teilchen und damit eine Unbestimmtheit der Erkenntnis. Und das scheint ein grundsätzliches Problem zu sein, das auch nicht durch noch so genaue Messmethoden zu lösen ist. Die Naturwissenschaft selbst hat die Begrenztheit ihrer Erkenntnismöglichkeiten erkannt.
In diese »Lücke« kommt etwas ganz anderes hinzu. Aus dem Bereich der sogenannten »Pharmaco-genomics«, also jener wissenschaftlichen Disziplin, die sich mit der Wirkung von Arzneimitteln im Kontext der je individuellen genetischen Ausstattung des Menschen befasst, wird immer klarer, dass jeder Mensch (auch) genetisch einmalig ist und die Verallgemeinerbarkeit von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen hier ebenfalls ihre Grenze findet. Daher spricht man inzwischen von individualisierter und personalisierter Medizin, um die je einmalige Individualität des Menschen, die für die Interpretation von Krankheiten von enormer Bedeutung ist, hervorzuheben. Wenn von genetischer Ausstattung die Rede ist, muss heutzutage immer von der Kombination von Genetik und Epigenetik gesprochen werden. Epigenetik ist jene Zusatzinformation, die darüber »entscheidet«, welche Gene aktiviert oder inaktiviert werden.
Das Lebendige bleibt einerseits dasselbe und verändert sich doch ständig.
Deshalb ist es gut, vom Genom des Menschen zu sprechen, in dessen Kontext die dauernde Verschaltung von genetischer Grundinformation und epigenetischer Zusatzinformation reflektiert wird. Der Begriff Pharmaco-genomics sagt aus (das Suffix »-omics« weist auf größere Ganzheiten hin), dass der ganze Organismus des Patienten ein Rolle spielt und dass Individuelles und Verallgemeinerbares, also der ganze Organismus mit seiner Außen- und Innenwelt bei der Interpretation von Krankheiten zu beachten ist. Bei alleiniger Betrachtung der individuellen genetischen Ebene ist diese Medizin als »Individualisierte Medizin« zu bezeichnen, bei Betrachtung der ganzen Person mit ihrem Umfeld und Innenwelt als »Personalisierte Medizin«. Die Begriffe werden hier in der Literatur oft unscharf verwendet.
Bei der Personalisierten Medizin kommt neben der Betrachtung der neuen Ganzheiten vor allem der einzelne Mensch mit seiner psychischen Ausstattung und insbesondere mit seinem Geistcharakter in den Blick. Und hier tauchen Fragen nach Spiritualität auf, Fragen nach dem Sinn des Lebens, dem Sinn einer Krankheit oder dem »Warum gerade Ich?« Der Einzelne kommt hier vor und die einzelne Biographie ist an diesem Punkt nicht mehr mit anderen Biographien vergleichbar. Deshalb gibt es bei Krankheitsinterpretationen Vergleichbares und Verallgemeinerbares, aber auch Nicht-mehr-Vergleichbares und je Individuelles. Hier treffen sich Naturwissenschaften, Psychologie und Geisteswissenschaften. Wenn derartig transdisziplinär und interdisziplinär gedacht und geforscht wird, bedarf es zunächst einer guten wissenschaftstheoretischen Einführung zum Verhältnis von Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft. Diese kann aber hier nicht geleistet werden, daher der Verweis auf die Literatur. [weiterlesen in Tattva Viveka 66 oder im Einzelartikel zum Download, s. unten …]
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Artikel zum Thema in früheren Ausgaben:
TV 18: Prof. Dr. Firtz-Albert Popp – Leben und Licht. Biophotonen, Kohärenz und Kommunikation
TV 20: Dr. Peter Gariaev – Der wellengenetische Code. Die morphogenetische Dimension des Lebens
TV 39: Dr. Hans Hönl – Bewusste Materie. Wie entsteht Leben?
TV 65: Dipl. Chem. Werner Merker – Lebendiges. Wahrnehmung und Wissenschaft
Bildnachweis: © Pixabay.com
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Prof. Dr. Dr. Matthias Beck
Der Mensch als Wesen des Geistes
Genetik, Epigenetik und die Individualität jeder Krankheit
Die Wissenschaft und die medizinische Forschung suchen bis heute nach verallgemeinernden und objektiven Erkenntnissen. Das Individuum oder die Person sollen hier weitestgehend ausgeklammert werden. “Je weniger Subjekt, desto mehr Objektivität” lautet das nicht ausgesprochene Credo. Der Forschungszweig der Epigenetik zeigt nun, dass die augenscheinlich selbe Krankheit vielmehr individuelle Ursachen hat wie auch individuelle Lösungsmöglichkeiten verlangt. Ein Epigenetiker und Theologe erklärt die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse.
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