22 Aug Empraxis, das aus sich rollende Rad
Energie, Schöpfung und die Erhaltung des Lebens
Autor: Dipl. Ing. Robert Gansler
Kategorie: Physik
Ausgabe Nr: 52
Die Explosionstechnologie der heutigen Zeit fußt auf einem geistigen Verständnis der Abtrennung von der Natur, einem Heraustreten in die Ex-Zentrizität, das sich indes verbraucht und zerstört. Dem entgegen steht das Prinzip des Empraktischen, einem von innen kommenden mühelosen Handeln, dass in der geistigen Welt ebenso wie in der physikalischen zu finden ist, und das die Energie erhält oder vermehrt und veredelt. Nietzsche nannte es das »aus sich rollende Rad«. Physikalisch wäre dies eine widerstandslose und entropiefreie Bewegungsart, wie sie aktuell von der Quantenphysik bestätigt wird.
Zeitalter der Titanen
Der antike Mythos vom Zeitalter der Titanen ist längst in der Realität angekommen. Trefflich erkennbar ist der Titanismus heutzutage an einer Veränderung des Bios und der Materie, etwa durch die Gentechnik und Kerntechnik, die Ablösung des Krieges durch den Terrorismus, eine Vermassung, die Entstaatlichung sowie die Machtübernahme durch kleine bürokratische Eliten, die Schwächung des Patriarchalen und Stärkung des Matriarchalen und vor allem durch einen unersättlichen Energiehunger, dem alles einschließlich der Moral geopfert wird. Der das 21. Jahrhundert so charakterisierte, war der Schriftsteller Ernst Jünger (1895-1998), der für seine Treffsicherheit in puncto Zukunftsszenarien schon zu Lebzeiten bekannt war.
Es ist ein Wissen, das wirkt, ohne darüber nachdenken zu müssen. Es offenbart sich im Tun und scheitert zumeist, sobald man darüber nachdenkt und erklären will, wie man es am besten tun sollte.
Mit seiner Technik-Kritik stand Ernst Jünger dem Philosophen Martin Heidegger (1889-1976) sehr nahe. Der nämlich sprach von Technik als von einem Ge-stell und zwar in dem Sinne, dass das technische Denken eine Vor-stellung der Natur und ihrer Ressourcen als Objekte außerhalb seiner selbst ist. Der Mensch tritt durch diese Vor(sich)stellung der Natur aus ihrer und damit zugleich aus seiner Mitte heraus. Je größer diese Exzentrizität, je abgehobener die Ekstase, umso weiter entfernt er sich aus seiner und der Mitte der Natur, ja des Universums. Es ist dieses Hinausgeworfensein aus der Einheit in die Subjekt-Objekt-Polarität, die den Menschen seines eigentlichen Seins entfremdet und damit des Sinns seines Daseins beraubt. Es reicht ihm nicht das bloße Dasein, wie einem Apfelbaum etwa, der nicht fragt, für wen oder was er blüht und Frucht gibt, sondern allein des Blühens und Fruchtens wegen blüht und fruchtet.
Der exzentrische, die Ekstase anstrebende Mensch aber fragt sofort nach Sinn und Zweck der Mühe und oktroyiert eine Absicht. Der ekstatische Mensch ist auch immer ein extrovertierter posierender Mensch, der sich in der Betrachtung von außen gefällt und nach Lob, Ruhm und Ehre sucht und dafür im Grunde die Eigentlichkeit seines Daseins aufgibt und sich in die Uneigentlichkeit des »man« begibt, das um die eigentliche Mitte des Daseins kreist und diese nur noch als Spiegel, als Reflexionsfläche benutzt. »Jeder ist der Andere und Keiner er selbst. Das Man, mit dem sich die Frage nach dem Wer des alltäglichen Daseins beantwortet, ist das Niemand, dem alles Dasein im Untereinandersein sich je schon ausgeliefert hat.« schreibt Martin Heidegger in seinem Hauptwerk »Sein und Zeit«. »In der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, in der Verwendung des Nachrichtenwesens ist jeder Andere wie der Andere. Dieses Miteinandersein löst das eigene Dasein völlig in die Seinsart »der Anderen« auf, so zwar, dass die Anderen in ihrer Unterschiedlichkeit und Ausdrücklichkeit noch nicht verschwinden. In dieser Unauffälligkeit und Nichtfeststellbarkeit entfaltet das Man seine eigentliche Diktatur. Wir genießen und vergnügen uns, wie man genießt; wir lesen, sehen und urteilen über Literatur und Kunst, wie man sieht und urteilt; wir ziehen uns aber auch vom »großen Haufen« zurück, wie man sich zurückzieht; wir finden »empörend«, was man empörend findet. Das Man, das kein bestimmtes ist und das Alle, obzwar nicht als Summe, sind, schreibt die Seinsart des Alltäglichen vor.«
Die Empraxis
Dieser uneigentlichen expliziten Lebenspraxis soll eine eigentliche implizite Praxis gegenüber gestellt werden, die in weiten Zügen mit dem Begriff des »Empraktischen« charakterisiert werden kann. Während der uneigentliche Mensch seine Erfahrungen im Außen sucht, im Orbit um die Mitte unablässig kreisend, ruht der eigentliche Mensch in der Mitte seines Selbst und findet die Ankopplung an ein implizites Wissen. Es ist ein Wissen, das wirkt, ohne darüber nachdenken zu müssen. Es offenbart sich im Tun und scheitert zumeist, sobald man darüber nachdenkt und erklären will, wie man es am besten tun sollte. Empraxis ist funktionierendes Vollzugshandeln, das aber – abgesehen von angeborenen instinktiven Handlungen, wie das Atmen oder Sex – nicht selten erst durch intensives Üben sozusagen »in Fleisch und Blut übergeht« und sich als schweigsames Handeln scheinbar mühelos wie im Rauschzustand äußert. Wir kennen die Leichtigkeit und Schönheit eines Tanzes bei Partnern, die harmonieren oder die Schwebung bei Jazz-Sessions, wenn die Musiker in scheinbar instantaner nonverbaler Kommunikation improvisieren. Auch die Kunst betreffend, weiß das geübte Auge, wahre Kunstwerke von Kitsch und Machwerken zu unterscheiden, ohne dass es vollends verbal-logisch erklärbar wäre. »Über Geschmack lässt sich nicht streiten!« äußerte in einem Vortrag in den 80-ern der Designer Clauss Dietel: »Geschmack hat man oder man hat keinen!«
Es gibt ein freies ungehindertes Wirken jenseits bloßer Meisterschaft in der Technik, und aus diesem Wirken bestehen die Wunder des Ki.
Desgleichen die mühelos perfekten Abläufe in bestimmten Sportarten, etwa die gefühlte Nichtzweiheit von Pferd und Reiter, von Technik und Techniker (z.B. bei Fahrzeugführern u.a. Maschinisten), besonders deutlich auch bei den im Zen-Bewusstsein ausgeübten meditativen Kampfsportarten wie Bogenschießen (Kyudo) oder Schwertkampf (Kendo). Im »Yagyu Tajima no kami«, der »Abhandlung zum Schwert des Geheimnisses«, heißt es: »Es gibt ein freies ungehindertes Wirken jenseits bloßer Meisterschaft in der Technik, und aus diesem Wirken bestehen die Wunder des Ki. Lass ab vom Denken, als ließest du nicht davon ab. Beachte die Technik, als beachtetest du sie nicht. Behalte nichts zurück in deinem Geist, lass ihn vollkommen gesäubert sein von Inhalten, und der Spiegel wird die Bilder in ihrer Istheit widerspiegeln. […] Ich rege mich den ganzen Tag und bin doch bewegungslos. Ich bin wie der Mond unter den Wellen, die je und je wogen und wallen. Sei mit deiner Krankheit, pflege Umgang mit ihr, das ist die beste Art, sie loszuwerden. Man nennt dich einen Meister der Kunst, wenn Körper und Gliedmaßen die Technik so zum Ausdruck bringen, als geschähe es unabhängig von deinem Bewusstsein. Lass dich wie eine Holzpuppe sein, die kein Ich hat und nichts denkt; und lass Körper und Gliedmaßen ihren Lauf, dass sie sich gemäß ihrer Schulung bewegen können. Das ist der Weg zum Sieg.«
Sei mit deiner Krankheit, pflege Umgang mit ihr, das ist die beste Art, sie loszuwerden.
Auf der Ebene des Empraktischen wird deshalb auch von einer »gelehrten Unwissenheit« gesprochen, einer »anscheinend naiven Könnerschaft, in dem die agierende Person als Narr, als Idiot oder als Genie erscheint.« Das Neid gesteuerte Sprichwort: »Die dümmsten Bauern ernten die größten Kartoffeln!« scheint diese Allgemeinerfahrung widerzuspiegeln, offeriert aber tatsächlich das Ideal einer »unverkopften« Herangehensweise, durch die alle Dinge wie von selbst zu gelingen scheinen und an ein Kinderspiel erinnern. Gerade diese Metapher des in sein Spiel versunkenen Kindes finden wir bei Friedrich Nietzsche (1844-1900) wieder und führt uns zur Metapher der empraktischen Energie als ein »aus sich rollendes Rad«: »Drei Verwandlungen nenne ich euch des Geistes: wie der Geist zum Kamel wird, und zum Löwen das Kamel, und zum Kinde zuletzt der Löwe. […] Unschuld ist das Kind und Vergessen, ein Neubeginnen, ein Spiel, ein aus sich rollendes Rad, eine erste Bewegung, ein heiliges Ja-Sagen.«
Nietzsche war gewiss kein Techniker, der uns Formeln zur Generierung der empraktischen Energie oder Konstruktionsprinzipien einer solchen Energiemaschine namens »Aus-Sich-Rollendes-Rad« hätte herleiten können. Nichtsdestoweniger wird es aus seinem Werk und seiner Biografie offenbar, dass er Erfahrungen mit dem Empraktischen hatte. Nicht nur seine Romanhelden waren Seiltänzer auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn und spielten den Narren vor den Uneigentlichen, den Man-Verhafteten; letztendlich war sein Leben selbst ein Tanz auf diesem Seil und bekanntermaßen stürzte er ab wie seine Helden. Und wenn Nietzsche seinen Zarathustra sagen lässt: »Ich liebe den, welcher nicht einen Tropfen Geist für sich zurückbehält, sondern ganz der Geist seiner Tugend sein will: so schreitet er als Geist über die Brücke«, so erkennen wir leicht die Nähe zu dem oben zitierten »Yagyu Tajima no kami«: »Behalte nichts zurück in deinem Geist, lass ihn vollkommen gesäubert sein von Inhalten, und der Spiegel wird die Bilder in ihrer Istheit widerspiegeln.«
»Ich sage euch: man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können! Ich sage euch: ihr habt noch Chaos in euch!«
- Friedrich Nietzsche
Gleichsam spielte bei Friedrich Nietzsche der Rausch eine zentrale Rolle, der im Empraktischen weniger als ein dionysischer Betäubungs-, jedoch viel mehr als ein apollinischer Schaffensrausch verstanden wird, wobei offenbar das eine mit dem anderen eng zusammenhängt, womöglich in einem Zirkelschluss einander bedingend: Die konfigurative apollinische Ordnung richtet die empraktischen dionysischen Energien, sodass sie so geordnet erst in einem Schaffensprozess zum Tragen kommen. »Ich sage euch: man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können! Ich sage euch: ihr habt noch Chaos in euch!« lässt Nietzsche seinen Zarathustra ausrufen.
Moderne Naturwissenschaft
Heute fällt es uns leichter, den Bezug einer solchen geistigen Sicht zu den Erkenntnissen der Physik herzustellen. Aus der Thermodynamik ist beispielsweise das Prinzip »Energie aus Ordnung«, genauer gesagt: Energie durch Entropieerniedrigung, seit langem ein Thema. Bereits 1871 veröffentlichte James Clerk Maxwell ein Gedankenexperiment, das als »Maxwells Dämon« in die Physikbücher Eingang gefunden hat. Dieses Gedankenexperiment beschreibt einen Behälter, der durch eine Trennwand mit einer verschließbaren kleinen Öffnung geteilt wird. Beide Hälften enthalten Luft von zunächst gleicher Temperatur. Ein Dämon, der die Moleküle »sehen« kann, öffnet und schließt eine reibungsfreie Verbindungsöffnung so, dass sich die schnellen Moleküle in der einen und die langsamen Moleküle in der anderen Hälfte des Behälters sammeln. Mit der entstehenden Temperaturdifferenz könnte man z.B. eine Wärmekraftmaschine betreiben. Man würde damit Arbeit verrichten, womit man ein Perpetuum Mobile zweiter Art gefunden hätte.
[…]
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Robert Gansler
Empraxis, das aus sich rollende Rad
Freie Energie, Schöpfung und die Erhaltung des Lebens
Die Explosionstechnologie der heutigen Zeit fußt auf einem geistigen Verständnis der Abtrennung von der Natur, einem Heraustreten in die Ex-Zentrizität, das sich indes verbraucht und zerstört. Dem entgegen steht das Prinzip des Empraktischen, einem von innen kommenden mühelosen Handeln, dass in der geistigen Welt ebenso wie in der physikalischen zu finden ist, und das die Energie erhält oder vermehrt und veredelt. Nietzsche nannte es das »aus sich rollende Rad«. Physikalisch wäre dies eine widerstandslose und entropiefreie Bewegungsart, wie sie aktuell von der Quantenphysik bestätigt wird.
Artikel zum Thema in früheren Ausgaben
TV 01: Marcus Schmieke – Die Natur lesen
TV 05: Ronald Engert – Die Lebenskurve. Viktor Schaubergers Entdeckungen
TV 04: Marcus Schmieke – Urknall.
Schöpfungsmythos im Zeitalter der Atombombe?!
TV 18: Prof. Dr. Fritz-Albert Popp – Biophotonen, Leben und Licht
TV 22: Dr. Ulrich Warnke – Was ist Leben?
TV 21-23: Dr. Michael Harder – Die 5. Dimension. Definitionen des Unfassbaren
TV 45: Prof. Dr. Peter Hubral – Logos und Mythos
TV 49-50: Prof. Dr. Th. Görnitz/ Dr. B. Görnitz – Licht, Quanten und Bewusstsein
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Bildnachweis: © thrivemoment.com
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