Klaus von Ploetz – Parflexion. Ein Brevier um Veränderung

von Ploetz - Parflexion - Printausgabe

Klaus von Ploetz
Parflexion

Ein Bevier um Veränderung

Tattva Viveka Edition
Berlin 2017
269 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-945129-11-1

Zum Inhalt:

 

  • Einleitung
  • Gesellschaft und Gesundheit
  • Gesellschaft, Gesundheit und Abhängigkeit
  • Die Theorie des Fragantenprozesses
  • Die Funktionen der Fraganten:
    • Der Fragant »Denken«
    • Der Fragant »Emotion«
    • Der Fragant »Kontext«
    • Der Fragant »Körperraum«
  • Die Ästhetik des Veränderlichen
  • Parflexiv
  • Die Peripherie in der Parflexion
  • Fragante Selbstorganisation
  • Parmotion
  • Parflexion
  • Literatur

 

Denken heißt unterbrechen. Das aus der Aufklärung des 18. Jahrhundert stammende kognitiv betonte Denken neigt dazu, die einmal gefundenen Denkwege nicht mehr zu verlassen, sondern sie weiter auszubauen und gegen Abwege zu sichern. Der ursprüngliche Weg der Freiheit durch Vernunft entwickelte sich zur Alternativlosigkeit der Vernunft. Die so vorgestellte Vernunft verlässt die Freiheit, um sich als unhinterfragbare Festlegung vorzustellen, sie stellt ununterbrochene Strukturen voran, die als unauflösbar auftreten. Diese strukturelle Gewalt wird innerlich, sie stellt den Menschen in eine selbstanklagende Struktur, aus der er nicht zu entkommen scheint, ohne sich selbst anzuschuldigen. Die Unterbrechung wird hier als Verfahren zur Parflexion vorgestellt, um die enthaltene und vorhandene Brüchigkeit und Gebrochenheit dieser strukturellen innerlichen Gewalt aufzudecken und in der Nutzung der Fraganten, als einer aufbrechenden Synthese, eine Selbstorganisation des Aufbrechenden zu entwickeln. Parflexion ist damit ein ganzheitlicher Wahrnehmungskörper, der in Eigenorganisation der Fraganten und daraus entstehender Selbstähnlichkeit im Äußersten Entgrenzung als neuen differenten und selbstaufbrechenden Ort gewinnt.

 

Der Autor zeigt, wie der Mensch durch einen psychischen Denkprozess in eine subjektivistische isolierte Selbstreferenz versinkt, in der die Peripherie, das Außen, als Dissipatives und Disparates, aus dem Blick gerät. Daraus entstehen konservative Gewohnheiten, geistige Fixierungen, die den lebendigen Prozess hemmen, der in einer schöpferischen Selbstorganisation des Disparaten besteht. Ploetz bewegt sich mit seinem Ansatz in den Raum des Unbekannten, Unbeherrschbaren, Nicht-Festgestellten. Dieser Raum bietet die Chance, Neues entstehen zu lassen und das erstarrte Leben wieder in den gesunden Fluss zu bringen.

 

Brüche und Fronten werden so zu etwas Konstruktivem, das die Anliegen der Dinge betreiben will.

 

 

Textprobe:

 

Im Pfeil-Paradoxon kreiert Zenon von Elea vor 2500 Jahren eine eigene Wirklichkeit der Bewegung:

 

Zenon sagt, dass ein fliegender Pfeil in jedem Moment seiner Flugbahn einen bestimmten, exakt umrissenen Ort einnimmt. An einem exakt umrissenen Ort befindet sich der Pfeil in Ruhe, denn an einem Ort kann er sich nicht bewegen. Da sich der Pfeil in jedem Moment also in Ruhe befindet, müsste er sich insgesamt in Ruhe befinden. Das Paradox: Wir nehmen an, dass der Pfeil fliegt. (Zenon von Elea, Fragmente. Über die Natur, in: H. Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker, Band 1, Berlin 1922, S. 174)

 

Das Alltagsverständnis der Bewegung wurde durch die Sichtbarmachung der darin enthaltenen Paradoxien in eine Art Ambiguität versetzt. Die Beschreibung der Ambiguität hat diese frühe Fragestellung wiedereingeführt. Die Quantenmechanik hat bei dem Übergang eines quantenmechanischen Systems von einem Zustand in einen anderen den Effekt bemerkt, dass durch Lichtaussendung eines angeregten Atoms bei wiederholt ausgeführten Messungen die Bewegung aufgehalten werden kann. Damit gleicht der Effekt dem Pfeil-Paradoxon des griechischen Philosophen Zenon von Elea.

 

Wie kann ein anderes Wissen der Bewegung dazu beitragen, Veränderungen, Wirklichkeit, Dinge, Gesundheit, Therapien seelischer und körperlicher Erkrankungen zu befördern? Wie kann die vielfache Beschreibung von Stillstand und Bewegung wichtiger Elemente selbst eine Selbstorganisation des Dissipativen einleiten? Das Dissipative meint begrifflich hier eine in sich gebrochene Struktur, die sich in nichtlinearen Systemen, ursprünglich im thermodynamischen Gleichgewicht, als ein in sich selbstorganisierendes und doch dynamisches Phänomen zeigt.

 

Was für Chancen können aus den hier neu beschriebenen Definitionen wie »Fragant«, »Parmotion« und »Parflexion« für die weiteren Prozesse menschlichen Lebens entwickelt werden?

 

Die Medizin und ihre Formen der Behandlung bilden das besondere Feld, das Fragante und das Parflexive in ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität des Lebendigen sichtbar zu machen.

 

Gesundheit und die darin enthaltenen Veränderungen, wie Erkrankungen und Heilungen, bilden eine Kernfraganz, da sie in ihrem Kern die Lebenswirklichkeiten aus ihrem eigenen Hintergrund heraus gestalten und entwickeln. Sie bilden in diesem Kontext einen Text voller mehrdeutiger Tendenz und Latenz.

 

Die bis heute angewandten Therapien in der Medizin sind inhaltlich kontrovers und diskursiv zu einander entwickelt und konzipiert. Die jeweils gewählte Perspektive jeder Richtung betont eine bestimmte Optik ihres eigenen Ansatzes. Dies gilt vor allem auch für die Behandlungen der Geisteserkrankungen. Die Psychotherapie der Moderne bleibt an Defiziten orientiert und weniger an seelischem und psychischem Wachstum, Entwicklung und Latenz. Sie behandelt Symptome mit der Intention, diese Symptome zum Schweigen oder Stillstand zu bringen. Aus einer eher ganzheitlich und räumlich verstandenen Sicht der Thematik sind diese Differenzierungen auch als optische und thematische Brechungen, als Fraganten, zu definieren. Diese Brechungen versuchen ihre eigene Wirklichkeit nicht nur optisch, sondern auch gestalterisch darzustellen. Diese Brechungen beziehen sich auf eine immer noch bezogene Ganzheit, verbunden untereinander, aber doch gebrochen.

Klaus von Ploetz – Parflexion. Ein Brevier um Veränderung
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