Buchbesprechungen März 2024

Buchbesprechungen März 2024

Berthold Röth: Regenbogenkrieger

Berthold Röth:

Regenbogenkrieger

Wolfbach, 2023
Taschenbuch, 392 S.
€ 24,80

In diesem Buch vermittelt der Autor Bertold Röth seine Erfahrungen auf dem spirituellen Weg in einer wirklich sehr kenntnisreichen, informativen Form. Man erfährt allerhand Insiderwissen speziell aus den Bereichen keltisch-germanische Naturreligion, indianischem Schamanismus und Magie.

Röth wirkte seit den 1980er-Jahren als Wicca-Priester, Gründer der Celtsun-Medizingesellschaft, Mitglied in verschiedenen magischen Orden wie dem O.T.O. Er gründete das Mescalito-Magazin, ein echtes Untergrundfanzine mit dem Untertitel »Sprung in die Unmöglichkeit«, deren erste Ausgabe 1981 handgeschrieben als Imprint des damaligen Wormser Stadtblattes erschien und eine bunte Mischung an Inhalten aufwies: Monte Verita, Tao, Heavy Metall, Sid Vicious und Mutter Erde. Im Grunde kam in den insgesamt 22 Ausgaben alles vor, was nun auch in dem Buch als Lebensrückblick und Geschichte der Szene aufgeführt ist. Röth kann als einer der bestinformierten Kenner der Szene bezeichnet werden.

Ich lernte Berthold Röth 1989 in Worms kennen, als ich in die dortige alternative Wohngemeinschaft »Fabrik« einzog, wo er bereits wohnte. Die »Fabrik« war damals ein völlig unkonventioneller, faszinierender Sammelpunkt von Hippies, Punks, Künstlern, Spirituellen, ultralinken Berufsrevolutionären, Drogenkonsumenten und Nichtstuern. Berthold war im Hinterhaus einer der Führungsköpfe und mit einer gewissen geheimnisvollen Aura ausgestattet. Man wusste nicht so genau, was er alles tat, denn einiges blieb dann doch Geheimwissen und so manche magische Rituale erblicken nicht das Tageslicht.

Seine Zeitschrift Mescalito faszinierte mich und war sicherlich ein Rolemodel für meine eigenen Pläne, eine Zeitschrift zu gründen. Durch Berthold und seinen Kreis lernte ich Harley Swift Deer kennen, der für meinen spirituellen Weg durchaus prägend war, und ich hatte auch das Vergnügen, Diane Seedancer Batung persönlich kennen zu lernen und bei ihren Earth Lodges dabeizusein.

Zusammen mit Berthold und anderen standen wir einmal im November morgens um sechs Uhr in der norddeutschen Pampa bei Eiseskälte im Kreis, um in einem Wikingerritual Odin anzurufen. Wir waren übers Wochenende bei Artho, dem Wikinger, zu Gast, einem alten Freund Bertholds, der ursprünglich aus Worms kam, wie auch Berthold und einige andere illustre Gesellen wie etwa Geo Dehn, der das Buch Abramelin herausgegeben hatte. Dessen Autor, Abraham von Worms, war ein jüdischer Rabbi und Kabbalist, der sich der Magie, das heißt der praktischen Kabbala, verschrieben und 1387 das Buch in einer hebräischen Pergament-Handschrift verfasst hatte.

Insgesamt muss konstatiert werden, dass in Worms und Umgebung sehr viele freigeistige und originale Denker und Wissende zu finden sind, was bei einem ersten Augenschein der Stadt völlig unvorstellbar ist. Man mag aber bedenken, dass die Stadt eine alte Tradition hat und auch die Nibelungen, Martin Luther und der berühmte Rabbi Raschi (Rabbenu Schlomo ben Jizchak), von dem der maßgeblichste Talmud-Kommentar überhaupt stammt, dort wirkten.

Röths Buch enthält viel Wissenswertes über Monte Verita, Don Eduardo Calderon, Arnold Keyserling, Kristallschädel, schamanische Räder, Aleister Crowley, Wicca, Heidentum, heidnische und magische Netzwerke und Aktivisten, magische Orden wie den O.T.O. (um nur einige Beispiele zu nennen) und zahlreiche erstaunliche Querverbindungen, von denen man vermutlich sonst nirgends in der Dichte und Häufung erfährt.

Berthold hat ein Talent zum Geschichtenerzählen, was dazu führt, dass die Begebenheiten ein wenig eine mythische Ausschmückung erfahren. Man glaubt, von weltgeschichtlich höchst bedeutenden Vorgängen zu hören. Wenn man selbst dabei war, merkt man, in Wirklichkeit handelte es sich um eine Handvoll Leute, die eher informell ein paar Gespräche geführt haben. Die magische Aufladung arbeitet mit der Kraft des Geheimnisumwitterten und des Sagenhaften. Magie dient in der Regel der Akkumulation von Macht.

Nach dieser kritischen Bemerkung sollen dennoch die Verdienste Berthold Röths und seines Buches nicht in Abrede gestellt werden. Er arbeitete immer unermüdlich auf verschiedenen Ebenen, so auch politisch, ökologisch und für die Frauenemazipation. Er ist ein begnadeter Netzwerker und hingegebener Botschafter der spirituellen Weltsicht – und einer der ganz wenigen Menschen, die ich kenne, mit einer riesigen Bibliothek. Er arbeitete übrigens in den Jahren 1998-2000 auch bei der Tattva Viveka mit und es erschienen damals einige Beiträge von ihm.

Ronald Engert

Wolfgang Schad: Der Geist der Erde. Unsere Welt als lebendiges Wesen

Wolfgang Schad:

Der Geist der Erde.
Unsere Welt als lebendiges Wesen

Rosenkreuz Verlag, Birnbach/Ww 2023
Pb., 175 S. (mit vielen Abbildungen), € 28

Es ist das letzte Werk Wolfgang Schads (1935-2022), eines Evolutionsbiologen und Anthroposophen. Aus der Fülle seines Wissens, seiner Beobachtungen und Erfahrungen heraus zeigt er, was Naturwissenschaft in Bezug auf die Frage, ob die Erde ein lebendiges Wesen ist, leisten kann. Er beschreibt die Merkmale des Lebendigen und stellt Forschungsergebnisse, Wahrnehmungen und geistige Erkenntnisse auf ungewohnte Weise zusammen. Wie von selbst gelangt man auf eine andere Ebene: vom Verstand zur Vernunft, das heißt zu einer Tiefenwahrnehmung in Bezug auf unseren Planeten.

Schad erläutert die Bewegungsabläufe auf der Erdoberfläche, im Erdkörper und die Bewegung der Erde im kosmischen Raum. Spannend ist dabei zum Beispiel die immer weiter fortschreitende Differenzierung der Erdoberfläche in Land- und Wassermassen. Im Erdaltertum bestand nur ein einziger Kontinent: Pangäa, dessen Restbestand das heutige Afrika ist. Schad zeigt, dass die Ausgestaltung der Erdoberfläche die Merkmale eines Organismus besitzt.

Leben sucht stets die mittlere Position zwischen Extremen und leitet, so Schad, »Wechselursachenverhältnisse« ein. Der Autor demonstriert dies von kosmischen Bezügen bis hin zu kleinsten Organismen. Leben betreibt »den Ausgleich von Spannungsgegensätzen, jedoch ohne zum völligen energetischen Ausgleich zu kommen.« Ein bedeutsamer Punkt: Es waren lebende Organismen (Bakterienarten), die daran mitwirkten, dass sich die Gesteine der ersten Erdkruste bildeten. »Leben« war also von vornherein vorhanden.

Schad macht den Schritt von der naturwissenschaftlichen zur seelischen Wahrnehmung. Vorbilder sind ihm Rudolf Steiner und Johann Wolfgang von Goethe. Er setzt auf die unbefangene Erfahrung und beschreibt zum Beispiel Landschaftsstimmungen. Sie sind es, die Erholungssuchende anziehen.

Sodann geht der Autor weiter vom Seelischen zum Geist der Erde. »Geist ist […] kein fertiger Zustand, sondern dort vorhanden, wo sich etwas Unvorhersehbares neu auftut, wo die innovativen Aufbrüche geschehen, wo sich etwas Vorwärtsschaffendes in der Welt bewegt, von wo etwas Erneuerndes ausgeht, eben wo echte Entwicklung geschieht.« Die geistige Kraft des Christus, der sich mit der Erde verbunden hat, spielt für Schad eine Rolle. Die größte Gefahr für die Menschheit sieht er im »Verlust des geistigen Lebens«. Wolfgang Schads Werke zeugen von präziser Beobachtung verbunden mit Liebe zur Natur und zur Erde. Dieses letzte Buch ist eine Gesamtschau, ein Aufruf zu einer Du-Beziehung, verbunden mit einem geistig-seelischen Weg, der für die Erde und ihre Naturreiche heilend ist.

Gunter Friedrich

Ursula Lyon, Marianne Merbeck-Khouri: Von Buddha berührt.

Ursula Lyon, Marianne Merbeck-Khouri:

Von Buddha berührt.

Das Leben von Ursula Lyon
aufgezeichnet von Marianne Merbeck-Khouri
Jhana Verlag, Uttenbühl 2023
Pb., 213 S., €18,00

Ursula Lyon, heute 95 Jahre alt, berichtet von ihrem reichhaltigen Leben in der Tradition des Buddhismus. Aufgeschrieben von einer Freundin und Schülerin von ihr, erfahren wir hier sehr persönliche Eindrücke aus ihrem Leben und ihre Verwirklichung mit der spirituellen Lehre des Buddhismus. Sie setzte sich viele Jahrzehnte für die Tradition des Buddhismus in Deutschland und Österreich ein, begründete Zentren mit und hielt viele Kurse zu Yoga und Meditation. Sie ist Schülerin von Ayya Khema und wurde von ihr als Lehrerin autorisiert.

Diese sehr persönlichen Lebenserinnerungen sind ein schöner Einblick in eine sehr liebevolle und menschliche Herangehensweise an die buddhistischen Lehren, die immer auch sehr mit dem praktischen Leben verbunden wurden. Sehr persönlich schreibt sie auch über ihre eigenen schwierigen Zeiten, zum Beispiel als sie bei einem Unfall beide Arme gebrochen hatte, oder was in ihrem Inneren vorging, als sie eine Krebsdiagnose bekam (die sich zum Glück später als falsch herausstellte). Immer war für sie der Buddhismus mit seinem Prinzip des Loslassens und dem inneren Gleichgewicht der Gelassenheit eine Hilfe.

Man erfährt auch viel über ihre Lehrer:innen und über die Strukturen der buddhistischen Tradition in Deutschland und Österreich. So beschreibt sie ihre Erfahrungen mit Ayya Khema, Thich Nhat Hanh, Jack Kornfield u.a.

Im Buddhismus geht es sehr stark darum, mit dem Auf und Ab des Lebens besser zurecht zu kommen und sich nicht mit dem Leiden zu identifizieren. Der Buddhist erkennt, dass wir unser Leiden selbst erzeugen, indem wir mit unserem Geist an bestimmten Ideen oder Dingen anhaften. Man sollte die Einsicht in die Unvollkommenheit, Vergänglichkeit und Substanzlosigkeit der Dinge erkennen und sie loslassen. Dies gilt auch für die Vergangenheit und die Zukunft. Die Erfahrung in der Meditation ist dieser Ort des Hier und Jetzt, wo das unmittelbare Erleben des Lebens möglich ist. Die Loslösung bezieht sich sogar auf das Sterben. Für Buddhisten ist demzufolge die Idee einer Unsterblichkeit eher eine Illusion, die dazu dient, die Angst vor dem Tode zu vermeiden:

»Der Auflösung, dem Verfall unterliegt auch unser Körper. Der Buddha machte mit seinen Mönchen oft die Elemente-Meditation, bei der der Zerfall des eigenen Körpers das Thema ist. Im Tod entweicht die Luft aus dem Körper, auch die Temperatur, und die materiellen Teile werden wieder zu Erde und zu Wasser.

Anfangs machten mir diese Gedanken Angst – was ist denn danach noch übrig? Nichts! Der Zerfall ist ein Aufgehen im All. Es geht nicht mehr darum, Person oder Einzelteil zu sein, sondern verbunden zu sein mit allem. Das kann ich jetzt schon spüren, nicht erst, wenn ich tot bin. Der Körper vergeht, das Ich vergeht. Was bleibt, ist der Lebensstrom, das Karma, das Streben nach Vollkommenheit oder die vollkommene Befreiung von Lebens-Wiederkehr, Erleuchtung. Dieses Wissen bringt eine wunderbare innere Freiheit. Die Erfahrung, auf dem buddhistischen Weg meine Freiheit finden zu können, hat meine Begeisterung für die Lehre des Buddha angefacht und bis heute erhalten.« (S. 122)

Insgesamt ein sehr anschauliches und berührendes Buch, das das Leben einer Grand Dame des Buddhismus im Westen nachzeichnet.

Ronald Engert

Bildnachweis: © Adobe Stockphoto

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