03 März Das ungeahnte Erbe
Transgenerationale Traumata auflösen mit temporik-art
Autor: Marina Stachowiak
Kategorie: Kunst
Ausgabe Nr: 102
Wenn wir mit Situationen, Gefühlen und Gedanken konfrontiert werden, die wir uns nicht mit den Erlebnissen aus unserem gegenwärtigen Leben erklären können, macht es Sinn, sich mit der Übertragung aus anderen Leben, vielleicht nicht einmal aus unseren eigenen, auseinanderzusetzen. Transgenerationales Erbe äußert sich als ein Trauma oder als Traumata, das/die von einer Generation zur nächsten weitergegeben wurde/n. Wie die Autorin mithilfe der von ihr entwickelten Methode, die auf der Psychobionik nach Bernd Joschko und der Bewusstseinslehre von Jean Gebser beruht, Blockaden im Bewusstsein aufspüren und Bewusstseinsveränderungen herbeiführen kann, erläutert sie in diesem Beitrag.
Zu allererst müssen wir uns selber in Ordnung bringen, in die Ordnung, die größer ist als wir. Und ich glaube, wenn wir versuchten, diese Souveränität über uns selbst zu gewinnen, dann könnten wir das vollbringen, was die Weltsituation und das Weltbewusstsein von uns fordern, dass wir nämlich mit unserer Arbeit an uns selber, durch die Integration all dessen, was uns konstituiert, einen Beitrag an die Erhaltung der Welt und der Menschheit leisten. Denn wenn das nicht gelingen sollte, so liegt es nicht an den Umständen, sondern an dem Versagen derer, welche die Überwachheit des neuen, integralen Bewusstseins und damit die Ich-Freiheit nicht realisierten. (Jean Gebser)
Der Sozialpsychologe Hartmut Radebold hatte sich mit posttraumatischen Belastungsstörungen von Soldaten auseinandergesetzt und um 2005 seine Untersuchungen hinsichtlich der generationsübergreifenden Weitergabe von unbewältigten Kriegserfahrungen und -traumata erweitert. Er fasste die Thematik als »transgenerationale Weitergabe kriegsbedingter Belastungen« zusammen. Darunter ist zu verstehen, dass verheerende Erfahrungen und Traumata während der beiden Weltkriege an die nachfolgenden Generationen weitergegeben wurden.
Diese inneren Belastungen können sich teils schwerwiegend auf die nachfolgenden Generationen auswirken, sind aber meist den Betroffenen gar nicht bewusst, da sie sich in den unterschiedlichsten Lebensbereichen auswirken beziehungsweise zu unterschiedlichen Symptomen und Erkrankungen führen können. Die davon Betroffenen werden in verschiedene Gruppen unterteilt: Die Kriegskinder (geboren zwischen 1927 und 1949), die den Zweiten Weltkrieg und die direkte Nachkriegszeit als Kinder erlebten, die Nachkriegskinder (die bis 1960 geborenen), die den Krieg als Jugendliche oder Erwachsene erlebten und die Kriegsenkel (zwischen 1960 und 1975 geboren). Je dichter die Nachgeborenen am Kriegs- und Nachkriegsgeschehen lebten, umso dramatischer wirkte sich das transgenerationale Erbe aus. Unerklärliche Symptome, Ängste und Panikattacken, Unruhe, Getrieben-Sein, Depressionen oder Demenz sind bezeichnende Symptome.
Den Kriegskindern des Zweiten Weltkrieges war es meist nicht möglich über ihre Erfahrungen während des Krieges und in der schweren Nachkriegszeit zu sprechen. Über den Krieg oder die faschistische Machtherrschaft zu sprechen war tabuisiert. Es waren vor allem Scham- und Schuldgefühle, die sie schweigen ließen. Erst 60 Jahre nach Kriegsende meldeten sich die Kriegskinder, wie sie sich selbst nennen, als die bis dahin vergessene Generation, wie Sabine Bode sie nennt.
Wenn wir heute davon wissen, dass die unbewältigten Erfahrungen der Weltkriege an weitere Generationen vererbt werden, wird deutlich, wie wichtig und entscheidend die innere Bewältigung des transgenerationalen Erbes ist, dies nicht nur um unsere Nachkommen nicht weiter zu belasten, sondern gerade auch angesichts des gegenwärtigen Kriegsgeschehens in der Welt. Es ist höchste Zeit zur Umkehr, und jeder einzelne Mensch kann seinen ganz persönlichen Beitrag dazu leisten. Die Politik hat damals versagt und sie versagt auch heute, wenn sie statt wirtschaftlicher Interessen und machtpolitischem Kalkül nicht die Rechte und Lebensbedingungen der Menschen auf unserer Erde in den Fokus stellt.
Jean Gebser hat es auf den Punkt gebracht, indem er meint, dass wir uns zuerst selbst in Ordnung bringen müssen (siehe Zitat zu Beginn) und er führt aus, »dass wir nämlich mit unserer Arbeit an uns selber, durch die Integration all dessen, was uns konstituiert, einen Beitrag an die Erhaltung der Welt und der Menschheit leisten«. Für Gebser ist Bewusstsein »die Fähigkeit, jene Zusammenhänge zu übersehen, die uns konstituieren«.
Unser Bewusstsein ist nicht einfach in uns vorhanden, sondern es ist das Ergebnis einer langen Entwicklung, in der unsere Aufmerksamkeit und Wahrnehmung eine entscheidende Rolle spielen. Was wir denken, fühlen und spüren hängt davon ab, wie wir die Realität wahrnehmen und wie wir die vielen Informationen, mit denen wir uns ständig auseinandersetzen müssen, verarbeiten und sortieren. Die meisten der Informationen, mit denen wir konfrontiert sind, werden gewissermaßen aussortiert um eine Reizüberflutung auszuschließen. Die entscheidenden Informationen, die wir aufnehmen, haben einen ganz konkreten Bezug zu uns. Und dieser Bezug speist sich aus den bisherigen Erfahrungen, die unser Bewusstsein geprägt haben. Denn unser Bewusstsein muss sich in allem, was es neu hinzunimmt, immer auf das zurückbeziehen, was schon da ist, um es dem Bewusstseinsganzen angemessen einordnen zu können.
Hierzu gehören alle prägenden Erfahrungen, die in unserem individuellen Dasein entscheidend für uns waren. Hierzu gehören aber auch Informationen, die uns von unseren Ahnen weitergegeben wurden. Und wenn wir noch weiter zurückgehen, so gehören auch alle menschheitsgeschichtlichen Informationen in diesen Kontext wie es Gebser in seinem Mutationsmodell dargelegt hat. Verfügt unser Bewusstsein über eine bestimmte Dynamik und ist es in der Lage Gegebenheiten aus verschiedenen Perspektiven wahrzunehmen und wahrzufühlen und findet es rasch zu kreativen Lösungen, gehören wir zu denjenigen Menschen, die relativ zufrieden und gesund sind und den Alltag zu meistern wissen. Ist unser Bewusstsein wenig beweglich und ist es besetzt durch selbst erlittene Traumata und durch transgenerationale Belastungen sind wir anfälliger für Krankheiten und Probleme und leiden schneller unter Stress.
Hinsichtlich der derzeitigen Weltkrise kommt es momentan sehr darauf an, einen gangbaren Weg zu finden. Jean Gebser betont ausdrücklich, dass es dabei auf den einzelnen Menschen ankommt.
temporik-art – die Kunst Bewusstsein zu gestalten
temporik-art bereitet einen gangbaren Weg, der jedem Menschen gerecht wird und den jeder Mensch auf einfache Weise gehen kann. Dieser Weg führt direkt ins Bewusstsein und ermöglicht es nicht nur, die gegebene Bewusstseinsstruktur zu ergründen, sondern sie auch an ihren Störstellen ganzheitlich zu verändern. temporik-art ist keine Therapie im klassischen Sinn und keine Methode, die ein bestimmtes Training voraussetzt. temporik-art ist ein kreativer Prozess, eine Kunst, die dazu in der Lage ist Bewusstseinsstrukturen zu verändern und sie dadurch zu harmonisieren.
Der Aktionskünstler Joseph Beuys prägte den Satz: »Jeder Mensch ist ein Künstler«. Er zielte damit auf das schöpferische Potenzial, das jedem Menschen innewohnt. Mit diesem Potenzial, so meinte er, könnten wir ein »soziales Kunstwerk« gestalten, womit er eine Gesellschaft meinte, die für alle Menschen offen ist und in der gegenseitige Achtung und Wertschätzung möglich sind. Diesbezüglich sprach Beuys auch von einer sozialen Plastik, wobei Plastik nicht als starre Skulptur verstanden werden darf, sondern als formbares und gestaltbares dynamisches Ganzes im Sinne eines lebendigen Organismus. Beuys sah in diesem tiefer oder überhaupt erst begründeten Begriff der Plastik einen erweiterten Kunstbegriff. »Auch spricht er von vehicle art, im Sinne nämlich der Kunst als Vehikel, das zeitgenössische Bewußtsein auf die faktisch schon wirksame vierte Dimension und damit auf einen Kunstbegriff ›höherer Art‹ zu präparieren, der sich nicht zuletzt auf die radikale Neubegründung und Neugestaltung des gesellschaftlichen Ganzen (die soziale Plastik / soziale Skulptur) bezieht. Die jetzige Schwellenzeit ist durch die (bewußtzuwerdende) Aufgabe bestimmt, Vergangenes, d. h. in der Zeit sowie im Menschen versunkene Bewußtseinsstufen mit Künftigem zu verschmelzen in eine so noch niemals realisierte, ursprüngliche Gegenwärtigkeit – die Geistesgegenwart der sich selbst gewahr werdenden Menschennatur als Freiheitsnatur. Freiheit ist Zeitfreiheit, ist schöpferischer Ursprungspunkt, ist Ursprung und Gegenwart.«
Auf den Menschen und sein Bewusstsein übertragen sind Beuys’ Überzeugungen sehr zutreffend. Unser Bewusstsein ist im Grunde eine Plastik im Beuysschen Sinne. Die Variabilität und schöpferische Plastizität unseres Bewusstseins stellt sich in der Arbeit mit temporik-art auf vielfältige Weise und auf das Intensivste dar. Seine Emergenzfähigkeit und seine außerordentliche Beweglichkeit der unzähligen Informationen, aus denen es besteht, sowie die Möglichkeiten ihrer Neuanordnung in einem höheren, komplexeren Zusammenhang ermöglicht es uns, die jeweils in Geist, Psyche und Körper gespeicherten Störfaktoren aufzulösen und stattdessen fördernde Gegebenheiten entstehen zu lassen. Da jede Veränderung im Bewusstsein nur durch das Bewusstsein selbst geschieht, sind alle Veränderungen, die durch temporik-art ausgelöst werden, immer ganzheitlicher Natur.
Unser Bewusstsein ist nicht einfach in uns vorhanden, sondern es ist das Ergebnis einer langen Entwicklung, in der unsere Aufmerksamkeit und Wahrnehmung eine entscheidende Rolle spielen. Was wir denken, fühlen und spüren, hängt davon ab, wie wir die Realität wahrnehmen und wie wir die vielen Informationen, mit denen wir uns ständig auseinandersetzen müssen, verarbeiten und sortieren.
Mit temporik-art unterstützen wir unser Bewusstsein, sich von Störstellen zu befreien, um weiter und tiefer reifen zu können und dabei unserem inneren Kunstwerk zu einer möglichst harmonischen und ästhetischen Gestalt zu verhelfen. Störstellen können eigene Erfahrungen betreffen, aber auch Erfahrungen unserer Vorfahren, die etwa Kriege, Holocaust, Flucht und Vertreibung erlebt haben. Vielleicht gab es bei unseren Vorfahren auch Suizide, heftige Erkrankungen, früh gestorbene Kinder oder sonstige heftige Ereignisse, die sich nachhaltig auf die kommenden Generationen auswirken. Auch religiöse Erfahrungen und Praktiken, Familiengeheimnisse (sexuelle Gewalt, ausgegrenzte Familienangehörige, verschwiegene Verbrechen) oder heftige Erziehungsmethoden sind typische Beispiele transgenerationaler Erbschaften, die mit temporik-art nachhaltig gelöst werden können, auch für die Generationen nach uns.
Unser Bewusstsein ist nicht einfach in uns vorhanden, sondern es ist das Ergebnis einer langen Entwicklung, in der unsere Aufmerksamkeit und Wahrnehmung eine entscheidende Rolle spielen.
temporik-art basiert auf der von dem Physikingenieur Bernd Joschko entwickelten Psychobionik sowie auf der Bewusstseinslehre des Philosophen Jean Gebser. Die gestalterischen Mittel, die zur Aufdeckung unbewältigter Erfahrungen führen, hat Joschko in Anlehnung an die Systemwissenschaften – insbesondere die Synergetik und die Chaosforschung – entwickelt, welche sich mit den Organisations- und Ordnungszuständen von komplexen Systemen auseinandersetzen. Der Einsatz dieser Mittel bewirkt, dass die gespeicherten Situationen, Bilder, Gefühle, Körpersensationen usw. aus ihrer angestammten Ordnung geraten, wodurch ein innerliches Chaos entsteht. Aus diesem Chaos heraus entsteht dann durch Selbstorganisation der einzelnen Bewusstseinsinhalte eine ganz neue und höherwertige Ordnung.
Bei diesem emergenten und höchst schöpferischen Vorgang werden neue Informationen in Rückbezüglichkeit auf das Bewusstseinsganze verarbeitet und eingeordnet. temporik-art nutzt die Tätigkeit des Bewusstseins, indem sie in Form von inneren Dialogen die verschiedenen Informationen miteinander vernetzt und in Bezug zueinander bringt. Dadurch entstehen neue Sinnzusammenhänge, die durch Wahrnehmen und Wahrgeben (Gebser) der gegebenen Struktur und der in ihr wirkenden Intensitäten ermöglicht werden.
Emergente Veränderungen entstehen jedoch nicht durch unsere persönlichen Vorgaben, Vorstellungen oder Wünsche, sondern sie werden vom Bewusstsein selbst erzeugt. Dabei durchläuft unser Bewusstsein ähnliche Prozesse, wie sie auch für die Quantenwelt beschrieben werden. Denn immer dann, wenn es zu bedeutenden Veränderungen kommt, sehen wir, dass diese sich nicht kontinuierlich, sondern diskontinuierlich und sprunghaft ereignen. Ähnlich wie in der Quantenwelt können diese Prozesse nicht mehr beschrieben werden, noch kann man erklären, was genau in diesen Prozessen geschieht. Sie sind weder vorhersehbar, noch planbar.
Plötzlich und sprunghaft ist ein neues Bild, eine neue Situation oder eine völlig andersartige Gemütslage präsent, eine neue Qualität ist lebendig geworden, die vordem nur potenziell gegeben war, jetzt aber lebendige Wirklichkeit geworden ist.
Dabei haben wir es mit Momenten der größten Instabilität zu tun, in denen die gegebene Struktur ihre sich negativ auswirkenden Eigenschaften verliert und in eine sinnvolle höhere Ordnung emergiert. Diese Momente der größten Instabilität sind auch gleichzeitig Augenblicke der größtmöglichen schöpferischen Freiheit und Empfänglichkeit, in denen es zu wichtigen Entscheidungen im Bewusstsein kommt, damit die bearbeiteten Bewusstseinskomponenten in eine neue und komplexere Ordnung emergieren können. Sie bedeuten die Öffnung in einen Potenzialraum, in dem ganz neue Gegebenheiten und schöpferische Prozesse möglich sind.
Dies ist nur der Anfang des Artikels. Der vollständige Beitrag ist in der Tattva Viveka 102 erschienen.
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Tattva Viveka Nr. 102
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Schwerpunkt: Wiedergeburt – Kreislauf des Lebens
Erschienen: März 2025
Dr. Pim van Lommel – Bewusstsein jenseits des Körpers • Dieter Hassler – Reinkarnation unideologisch in ihrer Vielfalt untersuchen • Clara Welten – Spirituelle Reinkarnationsreisen • Marina Stachowiak – Das ungeahnte Erbe • Armin Risi – Bewusstseinswandel und »plötzlich große Klarheit« • Dr. Sylvester Walch – Wege zur Ganzheit (2) • Birgit Kayser – Spirituelles Burn-out • Armin Denner – Die Großen Tarot Arkana • Abbas Schirmohammadi & Philipp Feichtinger – Wer einen Baum pflanzt, wird den Himmel gewinnen • Sophie Baroness von Wellendorff – Wenn Licht und Dunkelheit tanzen • Buchbesprechungen • u.v.m.
Zur Autorin
Marina Stachowiak, geb. 1957, ist Kunstwissenschaftlerin, Autorin und Malerin. Vor dem Hintergrund der integralen Theorie Jean Gebsers und der Psychobionik nach Bernd Joschko entwickelte sie temporik-art. eine Methode, mit der Störstellen direkt im Bewusstsein verändert werden können.
Webseite: temporik-art.de
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Bildnachweis: © Marina Stachowiak
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