10 Feb Ayurveda und vedische Astrologie
Altes Wissen für Menschen von heute
Autor: Nikhil Joshi
Kategorie: Veden
Ausgabe Nr: 66
Die Vedische Kultur hat eine jahrtausendealte Geschichte. Ihr Wissen über die Zusammenhänge von Körper, Geist und Seele können uns heute noch helfen ein gutes, glückliches und gesundes Leben zu führen. Tattva Viveka traf sich mit dem Nachkommen einer indischen Brahmanen-Familie, der in Berlin lebt und wirkt.
Tattva Viveka: Nikhil Joshi, woher kommst Du und was genau hast Du gelernt? Welche Art oder Tradition von Ayurveda praktizierst Du?
Joshi: Ich komme aus Nordwest-Indien, aus Gujarat. Ein Großteil meiner Familie praktiziert seit vielen Generationen als Ayurveda-Ärzte. Wir gehören zum Tempel von Dvaraka, dem Haupt-Krishna-Tempel in Gujarat. In Indien lernt man gewöhnlich vieles innerhalb der Familie, von den Eltern und Großeltern. Man lernt früh, aber Stück für Stück. Dann habe ich fünfeinhalb Jahre Ayurveda an der Universität studiert. Vorher muss man aber Sanskrit lernen, so wie man hier vor einem Medizinstudium Latein können muss. Ich habe klassisches Ayurveda erlernt. Außerdem habe ich bei Naturvölkern in Indien, den Adivasi, gelernt. Die Astrologie habe ich mir auch über Familienmitglieder sowie durch zwei astrologische Lehrer außerhalb der Familie Stück für Stück und über viele Jahre hinweg angeeignet. Joshi, mein Nachname, bedeutet ja auch übersetzt »die Astrologen«. Die indische Astrologie wird weiter unterteilt, ich habe Parasara, Jaimini, Ashtakvarga, Sarvotrabhadra und geheime Panthi gelernt. »Geheime« Panthi deshalb, weil sie bis heute nur mündlich weitergegeben werden. Am Anfang war ich der Astrologie gegenüber neugierig und skeptisch zugleich. Es war für mich schwer zu glauben, dass das so funktioniert. Ich habe es mit der Zeit ausprobiert, genau angesehen und festgestellt, dass es sehr vielfältig ist. Die Astrologie ist sehr umfangreich und ein weites Feld. Hier im Westen sagt man allgemein Ayurveda und vedische Astrologie, aber Indien ist sehr groß. In unterschiedlichen Gebieten Indiens wurden unterschiedliche Methoden und Anwendungen entwickelt und genutzt. So wie die Flora und Fauna im Norden Indiens ganz anders ist als die im Süden, so ist es auch die Herangehensweise an die Astrologie und an das Ayurveda. Daher gibt es in Kalkutta andere Anwendungen als in Südindien.
TV: Und durch welche Umstände bist Du dann nach Deutschland gekommen?
Joshi: Nach dem Studium war ich noch auf der Suche und hatte noch viele ungeklärte Fragen in mir. Meine Suche, oder meine Neugierde, haben mich in einige religiöse Ashrams geführt. Ich wollte zu dieser Zeit eigentlich Mönch werden, ich wollte nicht heiraten oder eine Familie gründen. Aber da ich der einzige Sohn bin, hat meine Mutter gewisse Erwartungen an mich gehabt. Ich habe das Leben in einigen Ashrams ausprobiert, dann habe ich schließlich die Osho-Kommune in Pune entdeckt. Da wurde genau so gelebt, wie es auch gesagt und vorgegeben wurde: sehr offen. Das fand ich gut. Dort habe ich dann dreieinhalb Jahre gelebt und in dieser Zeit auch meine Frau kennen und lieben gelernt und schließlich geheiratet. Da sie aus Deutschland stammte, haben wir gemeinsam entschieden nach Deutschland zurückzukehren und dort zu leben. Und ich habe entdeckt, dass mein Karma und meine Aufgabe hier sein sollen, in Deutschland. Daher bin ich geblieben und fühle mich hier sehr wohl.
TV: Wo sind die Unterschiede im Ayurveda, das in Indien gelebt wird und dem, was Du hier in Deutschland praktizierst?
Joshi: Erstens sind in Indien viele Sachen selbstverständlich, zum Beispiel das Essen nach ayurvedischer Art zu kochen. Ayurveda heißt ja auch übersetzt »Das Wissen vom Leben«, es ist nicht nur eine Heilkunst, es ist eine Lebensweise, es betrifft alle Aspekte des täglichen Lebens. Hier muss man die Leute erst an diese Art heranführen. Dann gibt es unterschiedliche Verträglichkeiten. In Indien vertragen die Körper die dort üblichen alchemistischen Mittel leichter, europäische Körper vertragen das nicht. Außerdem sind Klima und Körper sehr unterschiedlich, man muss deshalb vieles den unterschiedlichen Gegebenheiten anpassen und kann nicht alles eins zu eins übernehmen. In Indien versucht man meist mit allen Mitteln den Körper zu kühlen, weil es draußen so heiß ist. Hier dagegen sind leicht wärmende Mittel von Vorteil, die die Durchblutung verbessern, das Cholesterin senken, beruhigen und entspannen. Außerdem sind hier Ölanwendungen oft sehr schwierig handhabbar. Europäische Leute sind es meist nicht gewöhnt, jeden Tag Öl in die Haare oder auf den Körper zu geben. Bei verschiedenen Kopfhauterkrankungen kann dies aber hilfreich sein. Hier bietet sich zum Beispiel eine alkoholbasierte Tinktur an, die das Extrakt des Öls enthält, anstelle des puren Öls. Diese ist dann nicht so fettig und leichter anzuwenden. Und auch beim Alkoholkonsum gibt es Unterschiede. Hier glauben die Leute, dass zwei Gläschen Wein gesund sind. Aber wenn jemand übersäuert ist, dann ist es nach Ayurveda schädlich, auch nur ein Glas Wein oder Sekt zu trinken. Daraus können alle möglichen Hautkrankheiten resultieren. Und das muss man den Leuten erst verständlich machen und die Zusammenhänge erklären. Anders als in Indien gibt es hier auch eher Probleme mit dem übermäßigen Konsum von Kakao und Schokolade, da dieser Verstopfung verursachen kann. Und ein großer Unterschied besteht darin, dass sich die Leute hier nicht so viel Zeit zum Essen oder für andere körperliche Bedürfnisse nehmen, die eigentlich Priorität haben sollten, da sie elementar für unsere Gesundheit sind.
TV: Wie siehst Du als Inder unsere westlichen Lebensgewohnheiten: Arbeit, Essen … insgesamt?
Joshi: Ich finde, dass die Leute hier zu viel Stress und zu wenig Freude oder Spaß im Leben haben. Hier wird nicht ein Tag in unterschiedliche Stücke geteilt, sondern gleich ein ganzes Jahr. Also erstmal fünf stressige Tage, dann zwei Tage ein bisschen Pause, davon einen Tag Einkaufen und Saubermachen. Und dann gibt es innerhalb eines Jahres drei Wochen zum Entspannen, da fährt man in Urlaub, da erholt man sich. Dabei streiten sich Ehepaare im Urlaub am meisten: Sie haben so viele Erwartungen, die sich nicht erfüllen. Für mich ist das nicht machbar. Und mit Stress ist das für mich genauso: der muss auch sofort aufgelöst werden. Man kann, auch im Büro, zum Beispiel schimpfen, nicht mit dem Chef, aber in ein anderes Zimmer gehen, sich dort schütteln und schreien und so den Stress von sich abschütteln. Aber nicht den Stress ansammeln. In Indien weinen die Leute viel mehr und unterhalten sich, so machen sie jeden Tag im Grunde ihre eigene Psychotherapie. Vor allem die Nachbarn teilen Vieles miteinander und unterhalten sich oft. Und wenn es zum Beispiel mal zwischen einem Ehepaar Probleme gibt, dann kommen die Nachbarn, kümmern sich um die Kinder, diskutieren, helfen und bleiben vielleicht die ganze Nacht. In Indien wird auch offen nach finanziellen Dingen und der persönlichen Lage gefragt, was hier in Deutschland oft als Tabu gilt und eher vor anderen verborgen bleibt. Das kann auch unglücklich machen. Es ist manchmal gut zu wissen, dass wenn ich in eine schwierige Lage gerate, jemand oder eine Gemeinschaft da ist, der oder die mich auffängt und mir beisteht. Und man kann voneinander lernen. Ich finde auch, dass Europäer, aber insbesondere Deutsche, ständig das Gefühl haben, dass sie nicht gut und perfekt genug sind. Sie fühlen sich dadurch immer so gedrückt. Sie glauben, nicht alles gut gemacht zu haben, sie machen sich selbst klein. Ich denke, dass das die Hauptursache ist, warum die Leute krank sind.
TV: Und was hast Du für eine Prognose für die Menschheit?
Joshi: Ich glaube die Menschheit steht vor großen Herausforderungen. Der Hang des Menschen, die Umwelt zu belasten und damit letztlich die eigene Lebensgrundlage zu zerstören, ist verheerend. Die heutigen Zeiten verlangen nach mehr Achtsamkeit und einem respektvollen Umgang mit den irdischen und den eigenen Ressourcen. Auch der rasante technische Fortschritt bietet viel Potenzial, aber birgt gleichzeitig auch viele Gefahren, die beachtet werden sollten.
TV: Nochmal zurück zum Ayurveda. Was sind – für Dich – die spirituellen Aspekte des Ayurveda?
Joshi: In der westlichen Schulmedizin oder auch in anderen Heilrichtungen geht es hauptsächlich um Krankheiten und die Probleme damit. Im Ayurveda geht es aber um eine gesunde Haltung, also darum, das Leben zu ändern. Für mich ist das spirituell. Das bedeutet, dass man nach dem Aufstehen am Morgen meditiert, ein paar kleine Yogaübungen macht und sich um die Körperpflege kümmert. So bleibt man im ganzen Alltag, egal was passiert, in seiner Mitte. Das hilft dabei, gesund zu bleiben. Ein zweiter spiritueller Aspekt liegt in unserer Nahrung. Wenn wir die Nahrung mit einem Gebet zu uns nehmen, dann ist Nahrung wie Medizin. Drittens betrachten wir unsere zwischenmenschlichen Beziehungen und versuchen, diese nicht schwerer zu machen. Das alles sind spirituelle Quellen. Und wenn ich Öle oder Kräutermittel zubereite, dann mache ich das mit einem Gebet, so dass der heilende Geist hineingeht.
TV: Vermittelst Du die spirituellen Aspekte auch als solche?
Joshi: Wenn Raum da ist, mache ich das. Oft ist das aber nicht erwünscht. Viele Menschen wollen eine einfache Lösung haben, ohne in ihrem Alltag etwas zu verändern. […]
Lesen Sie den kompletten Artikel in der TATTVA VIVEKA 66 >>
Artikel zum Thema in früheren Ausgaben:
TV 01: Bhagavad-gita: Die Unsterblichkeit der Seele
TV 03: Daniela Zander – Ayurveda, die sanfte Naturheilkunde
TV 12: Margarete Gröll – Ayurveda für Frauen
TV 18-19: Heiko Helbig – Der Baum der vedischen Schriften. Von den Anfängen bis zum Ende des Wissens
TV 21: Gudrun Schellenbeck / Nicolas Lewis – Jyotish, vedische Astrologie. Das Auge der Vedas
TV 22: Ronald Engert – Kann die Seele sterben? Aus den Lehren der Bhagavad-gita
TV 32-33: Werner Held – Kollektive Astrologie. Die Einflüsse von Saturn, Jupiter, Uranus und Pluto
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Ayuverda und vedische Astrologie
Altes Wissen für Menschen von heute
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