Ehre und Ehrgefühl

Ehre und Ehrgefühl

Ihre Reise zu einer Kategorie des Herzens

Autor: Gabriele Sigg
Kategorie: Soziologie
Ausgabe Nr: 72

Ehre und Ehrgefühl sind heute nicht unbedingt gängige Begrifflichkeiten. Sie klingen in vielen Ohren altmodisch. Der Artikel ist eine Einladung an all jene, die sich zur Wahrheit ihres Herzens begeben möchten und sich dabei nicht scheuen, den unbequemen Konditionierungen von Gesellschaft und Kultur in sich selbst zu stellen. Dies ermöglicht aus dem eigenen inneren Ehrgefühl heraus, das Leben zu meistern.

Ehre und Ehrgefühl. Aus meiner Erfahrung heraus sind diese Begriffe in der modernen Gesellschaft nicht mehr sehr populär. Sie klingen nach längst vergangenen Epochen und irgendwie hängt ihnen etwas Verstaubtes an. Aber sind sie das wirklich? Oder anders gefragt: Warum haben Sie diese altmodische Konnotation, die in unserem Innern ein komisches Gefühl auslöst? Ich möchte Sie, liebe Leserinnen und Leser, gleich an dieser Stelle einladen, diesen Artikel nicht nur mit Ihrem Verstand zu lesen, sondern sich mit dem Gefühl Ihres Seelenselbstes in ihrem Innern zu verbinden. Insbesondere empfehle ich dabei zu fühlen, welche Gedanken und Emotionen beim Lesen meiner Zeilen bei Ihnen entstehen und diese zu beobachten. Ich verstehe, angelehnt an die griechische Antike, Denken und Fühlen als einen wechselseitigen Prozess. Es ist kein rationales Denken, sondern ein intuitives, welches im stillen Dialog mit sich selbst (Hannah Arendt) in Kontakt mit dem Göttlichen steht. Zwischen diesem Dialog stehen nur wir selbst und unsere kulturellen und gesellschaftlichen Konditionierungen. Je stärker wir uns diesen bewusst sind und sie transformieren können, umso klarer die Kommunikation, die Communio, mit der Realität, die größer ist als wir selbst.

Das Ehrgefühl ist der Knotenpunkt, der unser spirituelles Selbst mit der materiellen Welt verbindet.

Es trennt nicht zwischen der materiellen und geistigen Welt, sondern integriert beide Welten auf einer dritten Ebene. Aus diesem Grund kann auch die Würde, die – wie es auch richtig ist – in unserer Kultur so hochgehalten wird, die Ehre nicht ersetzen. Beide Kategorien sind essentiell, haben aber andere Funktionen. Die Würde ist weit mehr als die Ehre eine Kategorie des souveränen Individuums als reines Geistwesen. Ehre und Ehrgefühl sind relationale Prinzipien, bei denen die Beziehungen zu sich selbst, seinen Mitmenschen und der Umwelt im Zentrum stehen. Ehre ist ein Beziehungsprinzip. Das Bewusstsein über die eigene Würde ist dafür primär, jedoch allein nicht ausreichend. Bei der Ehre geht es immer um die Frage, welche Handlung oder welches Ergebnis für alle Beteiligten – inklusive mir selbst – zum höchsten Wohle aller ist. Die Antwort darauf erschließt sich in unserem Inneren. Ich habe bewusst »inklusive mir selbst« hervorgehoben, da es zwei Arten von Menschen gibt: Diejenigen, die eher zu viel an sich selbst denken und die anderen, die sich immer zu sehr zurücknehmen.

Sie können nun in sich hineinspüren, zu welcher Tendenz Sie eher neigen?
Trauen Sie sich, ehrlich mit sich selbst zu sein.

Möchten Sie tiefer in diese Kategorie des Herzens reisen? Lesen Sie im vollständigen Artikel weiter, der als Pdf für 2,00 € zum Download bereit steht (am Ende dieses Beitrag).

Ehre und Narzissmus

Die Ehre ist die Mitte. Sie kann nicht benannt werden. Das wusste schon der griechische Philosoph Aristoteles,[1] von dem meine Ausführungen inspiriert sind und die ich intuitiv weiterentwickle. Ganz in ihrer Mitte sind wohl die wenigstens Menschen, genauer gesagt, sind das nur heilige oder erleuchtete Menschen. Überspitzt formuliert sind wir somit alle –auch wenn graduell verschieden – Narzissten, bis wir in unserer Mitte angekommen sind. Gleichzeitig ist die Mitte nie etwas Statisches. Das Leben ist ständig in Bewegung, so dass wir unsere eigene Mitte nur aufrecht erhalten können, wenn wir uns kontinuierlich verändern.

Der Narzisst[2] denkt, fühlt und handelt aus seinem Ego heraus. Dieses Ego kann sich zu viel heraus nehmen oder sich zu klein machen. Das eine ist das Täter-Ego, das andere das Oper-Ego. Das Täter-Ego ist im Allgemeinen meist besser bekannt als das Opfer-Ego. Es ist die Person, die alle übertönt und andere für die eigenen Zwecke benutzt. Das Opfer auch Täter sein können, ist manchmal zwar bekannt, aber weit weniger im Bewusstsein präsent, weshalb ich diesen hier mehr Raum geben will. Menschen, die sich selbst klein halten (Opfer-Ego), verstecken sich meist hinter Menschen, die sich eher groß machen (Täter-Ego). Sie fallen auf bzw. fallen durch ihr Nichts-Tun auf.

Reise zu einer Kategorie des Herzens
Beim Opfer-Ego sind immer die anderen schuld an ihrem Leid und sie suchen sich regelrecht Situationen, in denen sie Opfer bleiben können.

Somit müssen sie nie in die eigene Verantwortung gehen. Sie sind gefallssüchtig und entehren sich dadurch. Das Täter-Ego, der klassische Narzisst, stellt sich immer größer dar, als er wirklich ist. Dies funktioniert nur deshalb, weil der eine sich zu klein macht und der andere zu groß.

Wozu tendieren Sie? Indem Bewusstsein, was unsere Tendenz ist, können wir in
Konfliktsituationen die Wahrheit besser von unseren Konditionierungen unterscheiden.

In dieser Fassung sind Auszüge aus dem Artikel wiedergegeben. Den vollständigen Artikel gibt es im Pdf (9 Seiten), das unten bestellt werden kann.

Ehre und Sexualität

Kein Bereich ist gesellschaftlich mehr von der Ehre überfrachtet als die Sexualität. Auch wenn dies in der heutigen westlichen Kultur im Gegensatz zu vorherigen Sittengesetzen stark aufgebrochen ist, ist dies höchstens auf einer performativen Ebene geschehen und außerdem in ein Gegenextrem gemündet. Es macht einen Unterschied, was wir vorgeben zu sein – auch wenn wir es vielleicht selbst glauben – und wo wir tatsächlich stehen. Der Radar für unseren tatsächlichen Entwicklungsstandpunkt zeigt sich in unseren emotionalen Reaktionen auf Ereignisse im Außen. Der Bereich der Sexualität und Paarbeziehungen scheinen mir der am meisten korrumpierte und verletzte Teil zu sein. Es bedarf einer hohen geistigen und emotionalen Reife, sich dieser Thematik in Wahrhaftigkeit zu stellen.

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Wollen Sie sich wahrhaftig der Verbindung von Ehre und Sexualität stellen? Dann lesen Sie den vollständigen Artikel 😉

Ehre und Wirtschaft

Anders als die geschlechtsbezogene Ehre, führten die traditionellen Ehrvorstellungen im wirtschaftlichen und politischen Leben die Menschen näher an ihr Ehrgefühl. Der Mann hatte in der traditionellen Gesellschaft seine Geschäfte mit Umsicht und Ehre wahrzunehmen. Anders als die kapitalistische Ökonomie, bei der das Recht des Stärkeren und Egoistischsten siegt, baute die traditionelle Ökonomie verstärkt auf Ehre und Gerechtigkeit. Ehre und Gerechtigkeit sind sich sehr nahe stehende Begriffe, auch wenn sie nicht synonym zu gebrauchen sind.

Die Ehre ist eine noch stärker in die gefühlte Seinssphäre hineinragende Kategorie, die weniger rational greifbar ist als die Gerechtigkeit.

Der Begriff des ehrbaren Kaufmanns ist weitläufig bekannt. Sie ist eine transkulturelle Kategorie.

Auf dem Großen Basar in Istanbul, dem ältesten Einkaufszentrum der Welt, untersuchte ich im Rahmen meiner Dissertation die Reste dieser traditionellen Ehrkategorie.[3] Auch wenn heute durch Globalisierungsprozesse der kapitalistische Geist auch hier vorherrschend sein mag, kann man noch tiefe Weisheit und einen Bezug zur inneren Ehre bei der alteingesessenen Basarriege finden. In der traditionellen Ökonomie gab es keine festen Preise. Es wurde um Preise gefeilscht. Ebenso verhält es sich auf dem Großen Basar.

Wollen Sie wissen, wie unser Gerechtigkeistgefühl im Wirtschaftsleben kulturelle geprägt ist? Dann lesen Sie den vollständigen Artikel 😉

Es gibt kein Konzept und keine moralischen Regeln, die wir festmachen könnten um daran zu messen, ob wir nun bei unserem Ehrgefühl sind oder nicht. Wir müssen es fühlen und es bedarf einer gewissen Übung, es von anderen Gefühlen, Emotionen oder Gedanken zu unterscheiden. Nur unsere innere Ehre kann uns die Wahrheit vermitteln.

Niemand und wirklich niemand kann uns unsere innere Ehre nehmen – nur wir selbst.

Wir können uns erniedrigen, betrügen, belügen oder andere Handlungen begehen. Äußerlich muss das gar nicht so angesehen werden. An der Form einer Handlung allein können wir nicht deren innere Intention erkennen. Dazu brauchen wir unser ausgebildetes Gefühl. Dann können wir fühlen, wenn sich jemand nicht ehrbar sich selbst, anderen oder uns gegenüber verhält. In der Gesellschaft ist die allgemeine Vorstellung vorherrschend, man könne mit Hilfe bestimmter performierter Verhaltensweisen Ehre und Anerkennung erreichen.

Das Ehrgefühl hat über das Herz die zentrale Aufgabe, die beiden Welten, geistige und materielle Welt, zu verbinden. Dadurch entsteht eine dritte Daseinsform, welche uns Möglichkeiten erschließen lässt, die selbst in der geistigen Welt nicht erfahrbar sind. Wir handeln dann nicht mehr aus mentalen oder emotionalen Prägungen, sondern jenseits dieser Bezugssysteme aus unserem Geist-Seele-Wesen heraus. Wenn wir uns von den Konditionierungen und dem Missbrauch des Ehrgefühls lösen, können wir das wahre Potential dieser ewigen Kategorie erfahren. Ich hoffe, ich konnte Ihnen in dieser Abhandlung zumindest ein Gefühl dafür geben. Diese Kategorie ist so essentiell, dass ein Artikel darüber natürlich nur einen kleinen Einblick erhaschen lassen kann.

Ehre ist somit eine geistig-seelische wie auch eine gesellschaftspolitische Kategorie. Wir können nicht in unserer gefühlten Wohlfühlsphäre bleiben. Abgeschieden von anderen Menschen und der Gesellschaft sich als spirituell oder entwickelt zu platzieren ist einfach. Die Ehre fordert uns auf, uns zu stellen: Uns selbst sowie der Welt und unsere Aufgabe in dieser Welt anzunehmen. Jetzt!

Unsere Autorin Gabriele Sigg

Zur Autorin

Gabriele Maria Sigg, hat kürzlich ihre Promotion zur Ehre an der Humboldt-Universität zu Berlin erfolgreich abgeschlossen. Magistra Artium (Universität Regensburg, 2004-2009), Studium der Soziologie, Philosophie und Kulturwissenschaften. Freiberufliche Tätigkeit in der Redaktion von Tattva Viveka. www.gabrielesigg.de

Dies sind Ausschnitte aus dem Artikel.

Erfahren Sie wie kulturelle Prägungen unser Ehrgefühl korrumpiert haben und wie wir wieder zu einem authentischen Ehrgefühl kommen können.
Die vollständige Fassung des ersten Teils lesen Sie in der Tattva Viveka 72. Auch für 2,00 € als ePaper erhältlich (Pdf, 9 Seiten).

Ehre und Ehrgefühl. Ihre Reise zu einer Kategorie des Herzens (PDF)

 2,00

Gabriele Sigg
Ehre und Ehrgefühl. Ihre Reise zu einer Kategorie des Herzens

Ehre und Ehrgefühl sind heute nicht unbedingt gängige Begrifflichkeiten. Sie klingen in vielen Ohren altmodisch. Der Artikel ist eine Einladung an all jene, die sich zur Wahrheit ihres Herzens begeben möchten und sich dabei nicht scheuen, den unbequemen Konditionierungen von Gesellschaft und Kultur in sich selbst zu stellen. Dies ermöglicht aus dem eigenen inneren Ehrgefühl heraus, das Leben zu meistern.
 

 

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Fußnoten:

[1] Aristoteles: Die Nikomachische Ethik. Übersetzt von Olof Gigon. Herausgegeben von Rainer Nickel. Düsseldorf/ Zürich.

[2] Literatur zum Narzissmus: Walter L. Bühl (2000): Das kollektive Unbewusste in der postmodernen Gesellschaft. Konstanz; Christopher Lasch (1986 [1979]): Das Zeitalter des Narzißmus. München; Hans-Joachim Maaz (32015): Die narzisstische Gesellschaft. Ein Psychogramm. München.

[3] Gabriele Maria Sigg (2017): Ehre revisited. Die Charakterhaltung als gesellschaftliche Grundlage. Dissertation. Tectum Verlag

Bildnachweise: © www.pixabay.com, www.shutterstock.com

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