Die Erstentstehung des Patriarchats – einmal oder mehrmals?

Die Erstentstehung des Patriarchats – einmal oder mehrmals?

Autorin: Dr. Heide Göttner-Abendroth
Kategorie: Soziologie
Ausgabe Nr: 96

Die Begründerin der Modernen Matriarchatsforschung Heide Göttner-Abendroth geht detailliert der Frage nach, wie, wo, wann und weshalb das Patriarchat entstanden ist. Dabei wird deutlich, dass eine simple Antwort nicht ausreicht, sondern verschiedene Faktoren und Prozesse an unterschiedlichen Orten und Zeiten ineinandergriffen, um diese hierarchische und männerdominierte Gesellschaftsform entstehen zu lassen.

Vorbemerkungen 

Das Thema der Erstentstehung des Patriarchats beschäftigt heute viele kritisch denkende Menschen, die mehr und mehr erkennen, was das Patriarchat ist und was es in unserem Leben, im Leben vieler Völker und in der Biosphäre unseres Planeten anrichtet. Die Frage wird lauter, wie es zu einer derart zerstörerischen Gesellschaftsform kommen konnte, eine Frage, die mit der Hoffnung verbunden ist, sie überwinden zu können.

Doch weil die Erstentstehung patriarchaler Muster ein paar Jahrtausende zurückliegt, ist sie schwierig zu erforschen. Daher wurden und werden aus Ungeduld oder Wissbegierde viele verschiedene Thesen vorgeschlagen, die eine Erklärung dafür liefern sollen – wobei sich Ungeduld allerdings nicht allzu gut für ernsthafte Forschung eignet, Wissbegierde schon eher. Jedoch können Spekulationen nicht zu einer befriedigenden Antwort auf diese wichtige Frage führen, sie erschöpfen sich in Pseudo-Erklärungen, die eher Verwirrung als Klarheit bringen. Es bleibt also nichts anderes übrig, als sich auf jene Wissenschaft zu verlassen, die Zeugnisse aus diesen frühen Zeiten zutage fördert: die Archäologie. Jede These zur Erstentstehung des Patriarchats muss sich also an archäologischen Funden und an wissenschaftlichen Argumenten messen lassen – was der Wissbegier sehr zugutekommt.

Erste wichtige Schritte ins Dunkel jener frühen Epoche hat die Archäologin Marija Gimbutas mit ihrer »Kurgan-Theorie« gebracht, die seither durch DNA-Analysen glänzend bestätigt wurde. Auf ihrer Forschung baue ich auf und führe sie durch Einbeziehung neuerer archäologischer Ergebnisse weiter. Gimbutas hat klar gezeigt, wie verschiedene Wellen der Patriarchalisierung aus der Eurasischen Steppe über Europa hereingebrochen sind und wie viel Zerstörung sie gebracht haben. Das werde ich hier nicht wiederholen, sondern den Fokus erweitern über Europa hinaus auf Westasien, denn die frühesten Formen von Patriarchat kamen von dort.

Aber es gibt nicht nur einen Ort der Entstehung von patriarchalen Formen, sie entstanden in verschiedenen Kulturregionen der Welt unabhängig voneinander.

Deshalb gibt es auch nicht eine einzige Ursache für ihre Entstehung. Sie entstanden in den verschiedenen Kulturregionen auf der Erde in verschiedener Weise und zu verschiedenen Zeiten, und auch die Ursachen, die dazu führten, sind verschieden. Für die Entwicklung patriarchaler Muster in der Eurasischen Steppe nennt Gimbutas die Zähmung des Pferdes und die damit verbundene neue Mobilität. Das heißt, eine einzige neue Technologie soll dafür verantwortlich sein. Allerdings hat Gimbutas nicht behauptet, dass dies für die ganze Welt gilt, dennoch greift – bei allem Respekt vor dieser großen Forscherin – ihre Erklärung zu kurz.

In ihrer langen Geschichte haben matriarchale Gesellschaften auch neue, zum Teil großartige Technologien entwickelt, doch nie kam es deshalb zum Patriarchat. So ist die Ursache woanders zu suchen, und vor allem gibt es nicht eine einzige Ursache, sondern es kommt stets ein ganzes Bündel solcher auslösenden Faktoren zusammen. Außerdem sieht dieses Ursachenbündel zur Erstentstehung von patriarchalen Formen in jeder Kulturregion auf der Erde anders aus, sodass dieses Problem jeweils gesondert erforscht werden muss, wenn wir Wissen statt Spekulationen haben wollen. Damit umreiße ich eine riesige Forschungsaufgabe, deren Bewältigung gerade erst begonnen hat. Aber sie wird, je weiter wir darin fortschreiten, unser Verständnis von der Geschichte der Menschheit vollständig verändern – schon deshalb, weil diese bisher ausschließlich durch die patriarchale Brille betrachtet worden ist. Doch nun kommt eine andere Dimension dieser Geschichte ans Licht.

Göttin einer sumerischen Stadt
Göttin einer sumerischen Stadt

Ich will meinen Worten die konkreten Erklärungen folgen lassen, und zwar an zwei Beispielen für die Erstentstehung von Patriarchat: die Eurasische Steppe und Mesopotamien. Für das Beispiel der Eurasischen Steppe stütze ich mich auf die Forschungen von Gimbutas, aber ich grabe tiefer nach den Ursachen – weil ich nicht alle Schuld dem Pferd geben möchte. Für das Beispiel Mesopotamien stütze ich mich auf verschiedene andere Forscher, ebenso auf die schriftliche Kulturgeschichte, um zu zeigen, wie andersartig die Erstentstehung von Patriarchat dort verlief. Die Verschiedenheit dieser zwei Beispiele möge uns zur Vorsicht mahnen, was die Erklärungen für weitere Kulturregionen der Welt betrifft, wie Ostasien, Indien, Afrika und den Doppelkontinent Amerika.

Dies ist nur der Anfang des Artikels.

Interessiert dich, wie das Patriarchat beispielsweise in der Eurasischen Steppe oder in Mesopotamien entstanden ist? Dann lies unbedingt den vollständigen Artikel, der in Tattva Viveka 96 erschienen ist.

Tattva Viveka 96

Tattva Viveka Nr. 96

Inhalt der Ausgabe

Schwerpunkt: Bewusstsein
Erschienen: September 2023

Prof. Dr. Niko Kohls – Die gesellschaftliche Akzeptanz von Achtsamkeit und Spiritualität. Ein Abbild des Bewusstseinsstandes der gegenwärtigen Gesellschaft • Prof. Dr. Dr. Hans-Peter Dürr – Das Geistige ist die treibende Kraft. Wie das Bewusstsein die Materie erzeugt • Saskia Baumgart – Von Märchen, Heiligen Büchern & anderen Narrativen. Auf dem Weg zum Bewusstsein des dritten Jahrtausends • Ronald Engert – Wie funktioniert die Wirklichkeit? Die Bedeutung der Quantenphysik für die Philosophie • Marcus Schmieke – Bewusstsein, Leben und Kohärenz. Den Verschränkungen des Lebens auf der Spur • Martin Bertsch – Holistische Bewusstseinsentfaltung • Preethaji – Jenseits des Verstandes das Göttliche erkennen. Der innere Weg als Lösung für die Probleme der Welt • Dr. Heide Göttner-Abendroth – Die Erstentstehung des Patriarchats – einmal oder mehrmals? • Saskia Baumgart – Waters Of Life: Exploring Mythos, Divinity, Beings, and Ecology • Bericht zur Konferenz der Association for the Study of Women and Mythology • Guido Nerger – Die Hermetik als Bindungsglied zwischen Geist und Materie. Ein lebensbejahendes Erkenntnismodell • Dandapani – Konzentration für ein Leben voller Sinn und Freude. Wie wir mit mehr Fokus unsere Ziele erfolgreich erreichen • u.v.m.

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Zur Autorin

Unsere Autorin Dr. Heide Göttner-Abendroth. Fhoto: Maresa Jung

Dr. Heide Göttner-Abendroth – Sie ist Mutter und Großmutter. Sie erwarb ihren Doktortitel an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo sie zehn Jahre Philosophie und Wissenschaftstheorie lehrte (1973–1983). Durch ihre lebenslange Forschungsarbeit und ihr Hauptwerk »Das Matriarchat« wurde sie zur Begründerin der Modernen Matriarchatsforschung. Sie war Lehrbeauftragte an verschiedenen Universitäten (Bremen, Hamburg, Kassel), 1980 Gastprofessorin in Montréal, 1992 Gastprofessorin in Innsbruck. 1986 Gründung und Leitung der »Internationalen Akademie HAGIA für Matriarchatsforschung«. Leitung der drei Weltkongresse für Matriarchatsforschung. Im Jahr 2012 erhielt sie für ihre Forschung einen Award von der »Association of Women & Mythology«. Sie wurde zweimal für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

Webseiten: www.goettner-abendroth.de & www.hagia.de

1 Comment
  • Elanne Kuck
    Gepostet am 11:03h, 21 Oktober Antworten

    Gleich mal gesagt, das Matriarchat liegt nicht Jahrtausende zurück, sondern ist aktuell. Es lag hierzulande auch nicht
    allzulange zurück. Im Mittelalter lebte man noch matriarchal.

    wir graben uns das Wasser ab, wenn wir von neueren Erkenntnissen nichts wissen wollen.

    Alte „Experten“ wollen nichts zugeben. Sie wollen die Cracks bleiben, die bei jeder Gelegenheit um dieses Thema
    befragt werden, und sie wollen auch nicht mit mir sprechen.

    Ich warte auf Rückfragen.

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