Wie funktioniert die Wirklichkeit?

Wie funktioniert die Wirklichkeit?

Die Bedeutung der Quantenphysik für die Philosophie

Autor: Ronald Engert
Kategorie: Bewusstsein
Ausgabe Nr: 96

Auf einem transdisziplinären Symposium des Existentiellen Bewusstseinsforschungsinstituts (ECR) in Kränzlin bei Berlin trafen sich vom 30.09. bis 02.10.2022 fünfzehn Wissenschaftler aus mehreren Ländern, um das Phänomen der Kohärenz zu diskutieren. Unter anderem waren Quantenphysiker, Philosophen, Psychologen und Mediziner anwesend. Es stellte sich heraus, dass Kohärenz über alle Ebenen des Lebens hinweg eine geeignete Kategorie ist, um die Verbindung zwischen Geist und Materie besser zu verstehen. Im folgenden Beitrag sollen einige Aspekte aus der Quantenphysik mit philosophischen Überlegungen zu Ontologie und Sprache in Beziehung gesetzt werden.

Quantenphysik

Der Quantenphysiker Prof. Dr. Giuseppe Vitiello berichtet, dass in der Welt der Quantenphysik die Beziehungen zwischen den Teilchen reicher sind, als wir uns das in unserem üblichen Verständnis vorstellen. Nehmen wir zum Beispiel zwei Teilchen, T1 und T2. T1 kann durch eine Kraft auf T2 einwirken und umgekehrt, wie wir es uns normalerweise vorstellen. In der Quantenwelt kann es jedoch auch oder nur eine Phasenkorrelation zwischen T1 und T2 geben, ohne dass dazwischen eine Kraft wirkt, d. h. sie können unter günstigen Bedingungen eine Art Syntonie teilen, wie zwei Musiker, die in einem Orchester im Gleichklang spielen. Die Physiker nennen eine solche Phasenteilung zwischen den Teilchen T1 und T2 ›Verschränkung‹ (engl. ›entanglement‹).

Das sogenannte Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon bezieht sich auf dieses Verschränkungsphänomen. Nehmen wir an, ein Elementarteilchen zerfällt in zwei Photonen. Diese ›Zwillingsphotonen‹ zeigen daraufhin das Phänomen der Verschränkung, d. h. sie bleiben auch über große Entfernungen miteinander verbunden, und wenn der Zustand des einen Photons durch eine Aktion eines Beobachters verändert wird, wirkt sich dies sofort auf den Zustand des anderen Photons aus. Wenn die Änderung durch einen Boten übertragen würde, müsste sie sich schneller als mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen.

Eine Geschwindigkeit, die schneller als die Lichtgeschwindigkeit ist, ist jedoch unmöglich. Albert Einstein nannte dieses Quantenphänomen deshalb »spukhafte Fernwirkung«. Diese Verbindung kann mit der Speziellen Relativitätstheorie nicht als von einem Boten übermittelte beschrieben werden. Deshalb gibt es in der Quantenphysik Begriffe wie ›nicht-lokal‹ und ›nicht-kausal‹, um diese Effekte zu beschreiben.

Wie funktioniert die Wirklichkeit?

Vitiello wies auch darauf hin, dass in der Quantenphysik keine isolierten Entitäten existieren, weil diese eine ontologische Isolation suggerieren, die aber auf dieser Realitätsebene nicht beobachtet wird. Quantenphysikalisch bestehen nur offene Systeme. Aus diesem Grund wäre der Ansatz, der von Feldern ausgeht, notwendig und auch hinreichend, weil dies ein Ansatz ist, der die Entitäten, ihre Umgebung und ihre wechselseitige Beziehung einschließt. Felder implizieren Offenheit und nicht isolierte Entitäten.

Die Verschränkungsphänomene sind in der Quantenwelt experimentell erprobt, aber auf der makroskopischen Ebene noch nicht beobachtet worden, d. h. die Gesetze der Quantenphysik beziehen sich nur auf die subatomare Ebene. Sie gelten nicht für den makroskopischen Bereich, obwohl es makroskopische Systeme gibt, wie Kristalle, Magnete und Supraleiter, deren makroskopisch beobachtbare Eigenschaften nicht ohne Rückgriff auf die zugrundeliegende Quantendynamik erklärt werden können, weshalb sie als makroskopische Quantensysteme bezeichnet werden. Wir stellen fest, dass das Verhalten dieser Systeme genau deshalb makroskopisch ist, weil der Wert der Planck-Konstante h nicht Null ist (was ein anderes Phänomen ist als das klassische Limit, das man erhält, wenn h gegen Null geht).

Es gibt in der Tat Wissenschaftler wie Vitiello, die sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit Quanteneffekte auch im makroskopischen Bereich relevant sein könnten, zum Beispiel in der Korrelation zwischen den Neuronen im Gehirn oder auch zwischen Gehirnen, also zwischen verschiedenen Lebewesen. Gibt es dafür quantentheoretische Hinweise?

Die Aussagen zur Quantenphysik wurden von Giuseppe Vitiello bearbeitet und bestätigt.

Dies ist nur der Anfang des Artikels.

Wie sich die Philosophie dem Phänomen der Koheränz annimmt, erfährst du im vollständigen Artikel, der in Tattva Viveka 96 erschienen ist.

Tattva Viveka 96

Tattva Viveka Nr. 96

Inhalt der Ausgabe

Schwerpunkt: Bewusstsein
Erschienen: September 2023

Prof. Dr. Niko Kohls – Die gesellschaftliche Akzeptanz von Achtsamkeit und Spiritualität. Ein Abbild des Bewusstseinsstandes der gegenwärtigen Gesellschaft • Prof. Dr. Dr. Hans-Peter Dürr – Das Geistige ist die treibende Kraft. Wie das Bewusstsein die Materie erzeugt • Saskia Baumgart – Von Märchen, Heiligen Büchern & anderen Narrativen. Auf dem Weg zum Bewusstsein des dritten Jahrtausends • Ronald Engert – Wie funktioniert die Wirklichkeit? Die Bedeutung der Quantenphysik für die Philosophie • Marcus Schmieke – Bewusstsein, Leben und Kohärenz. Den Verschränkungen des Lebens auf der Spur • Martin Bertsch – Holistische Bewusstseinsentfaltung • Preethaji – Jenseits des Verstandes das Göttliche erkennen. Der innere Weg als Lösung für die Probleme der Welt • Dr. Heide Göttner-Abendroth – Die Erstentstehung des Patriarchats – einmal oder mehrmals? • Saskia Baumgart – Waters Of Life: Exploring Mythos, Divinity, Beings, and Ecology • Bericht zur Konferenz der Association for the Study of Women and Mythology • Guido Nerger – Die Hermetik als Bindungsglied zwischen Geist und Materie. Ein lebensbejahendes Erkenntnismodell • Dandapani – Konzentration für ein Leben voller Sinn und Freude. Wie wir mit mehr Fokus unsere Ziele erfolgreich erreichen • u.v.m.

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Zum Autor

Autor und Chefredaktuer der Tattva Viveka Ronald Engert

Ronald Engert, geb. 1961. 1982–88 Studium der Germanistik, Romanistik und Philosophie, 1994–96 Indologie und Religionswissenschaften an der Johann Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt/M. 1994 Mitgründung der Zeitschrift Tattva Viveka, seit 1996 Herausgeber und Chefredakteur. 2015–22 Studium der Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2022 Masterarbeit zum Thema »Mystik der Sprache«. Autor von »Gut, dass es mich gibt. Tagebuch einer Genesung« und »Der absolute Ort. Philosophie des Subjekts«.

Blog: www.ronaldengert.com

Giuseppe Vitiello arbeitet derzeit an der Abteilung für Physik »E. R. Caianiello« der Università degli Studi di Salerno. Vitiello forscht in den Bereichen Elementarteilchenphysik, mathematische Physik, Quantenfeldtheorie, Physik biologischer Systeme und Gehirnforschung. Eines seiner aktuellen Projekte ist »Linguistik und einige Aspekte der ihr zugrunde liegenden Dynamik: Anregungen aus der Quantenfeldtheorie«.

European Consciousness Research Institute

ECR-Institut – Die Vision des European Consciousness Research Institute ist die interkulturelle Integration von Kunst, Wissenschaft und Spiritualität zum Verständnis, zur Unterstützung und zur Beschleunigung eines globalen Bewusstseinswandels. Das ECR vereinigt und verbindet Wissenschaftler, Forscher, Denker, Autoren und Pioniere aus verschiedenen Disziplinen. Fragen rund um die Erforschung und Entwicklung des Bewusstseins sind nicht nur theoretisch, sondern konzentrieren sich konkret auf den Menschen und das Menschsein in einer sich ständig verändernden Welt.

Website: www.ecr-inst.com

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