29 Okt Erfahrungen im Dunkelretreat
Eine Reise zu sich selbst und in spirituelle Welten
Autor: Saskia Baumgart
Kategorie: Spiritualität allgemein
Ausgabe Nr: 76
Neun Tage in vollkommener Dunkelheit. Was für den einen eine furchterregende Vorstellung sein kann, entpuppt sich oftmals als sehr heilsame Erfahrung. Wie viel man erleben kann, obwohl nichts im Außen passiert, erzählt uns Saskia Baumgart im Interview – und zwar so viel, dass wir den Text in zwei Teile teilen mussten.
Tattva Viveka: Wir sprechen heute mit Saskia Baumgart, die an einem Dunkelretreat teilgenommen hat. Erzähle uns mal, wie es für dich war.
Saskia Baumgart: Das war eine unglaublich spannende, sehr wohltuende und heilsame Zeit für mich. Ich bin ganz dankbar, dass ich mir das geschenkt habe und dass ich von so wunderbaren Menschen begleitet und unterstützt wurde. Ich spüre immer noch, was es für eine reinigende Zeit war. Also, ich merke es an meiner Energie, an meinem Fokus, an meiner inneren Ausrichtung und Klarheit. Tatsächlich sind es neun Tage und neun Nächte gewesen, und ich hatte davor gedacht, dass die Zeit bestimmt ewig nicht vergehen würde. Man hat ja nichts zu tun, aber die Zeit verging tatsächlich so schnell. Der Wahnsinn! Da war schon ein Tag um und wieder einer vorbei. Am neunten Tag, als ich herauskam, dachte ich, dass es schade sei und ich am liebsten noch ein paar Wochen angehängt hätte.
Ich hätte gern gleich auf 21 Tage aufgestockt, weil ich auch das Gefühl hatte, dass es ab jetzt eigentlich immer spannender wird und man noch tiefer in den Prozess, in diese Zustandsveränderung gehen kann. Das Bewusstsein hat sich für mich auf eine ganz angenehme Art langsam umgestellt. Es war sehr freundlich und organisch. Es fühlte sich sehr behütet an. Die langsame Veränderung meiner Wahrnehmung hat sich für mich sehr stimmig angefühlt.
Mein Körper ist auch äußerst entspannt mit der Situation umgegangen. Davon war ich wirklich beeindruckt. Diese plötzliche Grundruhe die ganze Zeit. Da ist wirklich absolute Stille, kein Kontakt, kein Gespräch, kein ablenkendes Was-auch-Immer …
TV: … kein Licht …
Saskia: … kein Licht. Die Orientierung muss sich komplett umstellen. Alle täglichen Vorgänge wie Duschen, Zähne putzen und auf die Toilette gehen habe ich mir davor viel komplizierter vorgestellt. Das war ganz easy. Dieser Zustand fühlte sich sehr vertraut an, als hätte ich das schon öfter gemacht.
Ich fühlte mich sehr zu Hause, sehr in meinem Nest. Sehr wohlig und sehr geborgen. Ich hatte die ganze erste Zeit überhaupt keine Ängste oder Missstimmungen.
Ich habe mich selbst sehr darüber gewundert, denn als Kind war ich sehr ängstlich und gerade in meiner frühen Kindheit hatte ich einen unglaublichen Horror vor Dunkelheit. Da traute ich mich nicht mal durch den dunklen Flur zu gehen und ich hatte auch Albträume. Ich erwartete ein Stück weit, auch wenn das heute nicht mehr so ist, dass dieses Thema hochkommen würde. Aber das Gegenteil war der Fall, ich fühlte mich sehr beschützt und beschirmt.
Die heilende Wirkung des Rückzugs
Es war auch spannend zu sehen, wie leicht der Körper mit verschiedenen Einschränkungen umgehen kann, mit der Nahrung und all den üblichen Abläufen, die ich in meinem Leben alltagsmäßig gewohnt bin. Zum Beispiel hatte ich dort keinen Kaffee getrunken. Normalerweise hätte ich sofort Kaffeeentzugskopfschmerzen gehabt. Aber ich spürte dort nicht eine Sekunde lang irgendetwas davon. Ich hatte davor nicht gesagt, dass ich keine Kaffeeentzugskopfschmerzen haben will. Ich hatte gar nicht darüber nachgedacht. Ich ließ einfach alles auf mich zukommen. So ging es mir permanent. Mir fehlte nichts, auch nicht mit dem Essen. Bei ganz vielen Dingen dachte ich: »Ach Mensch, wir sind eigentlich ganz schön frei, wenn wir uns das mal genauer anschauen.«
Es war schön, auch praktisch noch mal auszutesten, was überhaupt real ist, wenn wir uns mental kein Drama kreieren, wie zum Beispiel, dass ich davon nun einen Entzug bräuchte – oder uns einbilden, dass uns irgendetwas fehle. Ich hatte diese Reduktion und diesen Entzug von verschiedenen »normalen« Gegebenheiten ganz tief inhaliert und wirklich ganz intensiv genossen als eine große Erleichterung und eine große Entlastung.
Dieses einfache pure Da-Sein als Wesen war als solches schon der ganze Heilungseffekt.
Ein weiterer Effekt war, dass ich in der Lage war, bestimmte Themen nochmals anders zu betrachten. Ich merkte am zweiten Tag, das ging so schnell, dass ich Rückenschmerzen bekam. Ich habe nie Rückenschmerzen, und das fand ich schon mal komisch. Mein Kopf argumentierte sofort: »Ja, klar, ist ja logisch. Normalerweise bist du immer in Bewegung und hier sitzt du fast die ganze Zeit rum. Statisch also. Und das kennt man ja: Menschen, die viel rumsitzen, kriegen Rückenschmerzen.« Das sagte mein Kopf. Ich zog daraus die Konsequenz, dass ich ein paar Rückenübungen machen sollte. Ich hatte ja Zeit. Ich wollte gerade damit anfangen, da sagte mein höheres Selbst oder die weisere Institution in mir: »Das ist Quatsch. Das kannst du lassen. Schaue dir doch gleich das Thema an, das dahintersteckt. Dann kannst du dir die Rückenübung gleich schenken.« Dann war das auch wirklich so. Ich bekam sofort eine Antwort, eine Information, von einer tieferen oder höheren Ebene, woher der Rückenschmerz kommt. Ich befasste mich daraufhin ganz stark mit einer alten emotionalen Wunde und ich konnte das auch schön zelebrieren, was sonst nicht so meins ist.
In dieser Fassung sind Auszüge aus dem Artikel wiedergegeben. Den vollständigen Artikel gibt es im Pdf (8 Seiten), das unten bestellt werden kann.
Loslassen durch Hingabe und Demut
TV: Ja, eben, aber es ist schwieriger, sich abzulenken.
Saskia: Ja, genau. Das ist auch das Tolle, weil du dann da bist, ohne in ein stumpfes obsessives Leiden zu verfallen. Man könnte sich auch total leiden lassen, indem man obsessiv irgendwelchen Gedankengeschichten folgt und 150-mal denselben Gedanken kreisen lässt, um dann festzustellen, dass man das nicht mental lösen kann, weil es nicht aus dieser Ebene kommt. Aber der Kopf möchte immer gern. Der nächste logische folgerichtige Schritt ist die Hingabe – totales Loslassen und das Übergeben an die höhere Intelligenz, das umfassende göttliche Prinzip, und sich mit dieser Intelligenz, mit dieser Weisheit und Liebe, verbinden und verbünden. Gleichzeitig sollte ich wissen, dass ich davor auch immer ein Stück in die Knie gehe und man diese Demut und respektvolle Haltung sowie das Staunen braucht als Voraussetzung dafür, dass sich mein Herz öffnen kann. Ich meine nicht Unterwerfung in dem Sinne, sondern wirklich eine ganz tiefe »Humbleness« (Demut). Das war wunderschön, weil es mich jedes Mal bemerken ließ: »Ach so ist es, wenn sich das Herz öffnet.« Es war eine ganz andere Erkenntnistiefe. Natürlich ist mir das schon vorher mal in meinem Leben begegnet, aber es war einfach so unmittelbar in einem direkten Lernen über abgespeicherte Erfahrungen und abgespeicherten Schmerz und auch Symptome, die sich darum ranken.
Auch hier muss der Weg über die Tiefe gegangen werden, damit es sich auflösen kann. Das ist solch ein wunderschönes Gefühl, weil man unglaublich dafür belohnt wird. Das ist etwas Selbst-Belohnendes.
Sobald ich es schaffe loszulassen und anzuerkennen, dass ich allein es nicht lösen kann, und schon gar nicht über meine mentale Kontrolle, gehe ich in die Hingabe und in die Anerkennung des höheren Prinzips. Ich gehe im Prinzip in ein Gebet.
Dann wird sofort diese Last von mir genommen, und es wird leichter. Es fühlt sich sofort viel freier und in einer ganz anderen Schönheit an. Wo man sein will, da geht das innere Paradies auf. Das ist auch das, wonach wir eigentlich immer streben und verlangen. Insofern waren diese Druckpunkte ganz dankbare Einstiegshilfen.
Lesen Sie im vollständigen Artikel mehr über die tiefgreifenden Erkenntnisse und Erfahrungen, die Saskia Baumgart in völliger Dunkelheit gemacht hat… 🙂
TV: Was hast du denn gesehen? Waren es die Möbel oder Wesenheiten?
Saskia: Ja, Wesen und Phänomene, also Lichtphänomene aller Art. Ganze Bilder und etwas auch ganz Schönes. Aber ich hatte es sofort runtergedimmt, weil es mir zu viel war. Ich legte sofort den Schalter um und kurbelte es in den minimalsten Bereich runter. Aber erst mal gab es einen ganz spannenden Moment: Ich sah erst mal nur Farben und ich war etwas hilflos. Am liebsten hätte ich wie ein Kind die Hände vor die Augen geschlagen und Scheuklappen aufgesetzt. Gleichzeitig war etwas in mir total fasziniert, weil ich im Zauberland war. Dann gab es den Moment, wo ich sofort den Schalter umlegte und dann wirklich auf null runterschaltete.
Und zwar gehe ich durch das Zimmer – ich hatte eine sehr klare Orientierung, wo ich bin und was neben mir ist – und plötzlich sehe ich einen halben Meter neben mir einen Umriss mit einer Gestalt ohne Details. Es hätte ein Mensch oder so was Menschenähnliches sein können, und es war dunkler als die Schwärze im Raum. Da wurde es mir wirklich unheimlich. Bei dieser Dunkelheit und dieser Nähe sagte ich: »Nein, danke.« – und der Spuk war vorbei. Da war erst mal Ruhe und ich hatte nur Schwärze um mich herum bis auf bestimmte Ausnahmen, die ich wieder ganz rührend fand. Denn ich merkte, wie behütet ich war, und dass ich ganz liebe Energien, Seelen und Wesen um mich herum hatte, die für mich sorgten und es mir leichter machten, gut durchzukommen. Ich setzte mich, um mich ein bisschen runterzuholen, mit geschlossenen Augen auf mein Bett, wobei eigentlich empfohlen wird, es nicht so häufig zu machen, damit die Sehfähigkeit im Dunkeln trainiert wird. Aber da hatte ich das Gefühl, dass ich mich ein bisschen dämpfen müsste. Deswegen Augen zu und ich kam gut in eine entspannende Ruhe. Ich habe mich quasi selbst sediert. Dann, als ich die Augen wieder öffnete, sah ich in dem Moment direkt mir gegenüber, also da, wo das Sofa war, das ich nicht sehen konnte, eine Art Mischung aus Licht und Dunkel – die Silhouette von Flügeln. Es war ganz entzückend. Das war nicht so plakativ, aber ich konnte es genau identifizieren. Es hatte auch eine ordentliche Größe, wie eine Mischung aus Engelsflügeln, die aber auch was von einem Federkleid eines Adlers oder so hatten. Diese Erscheinung strahlte eine unheimlich schöne Kraft und etwas ganz Beruhigendes, Liebendes und Friedvolles aus.
Da wusste ich, dass ich in einem geschützten Raum bin.
Welche spannenden weiteren spirituellen Erfahrungen Saskia Baumgart noch während des neuntägigen Retreats gemacht hat, können Sie im zweiten Teil des Interviews in der nächsten Tattva Viveka lesen. Dort warten als Schwerpunktthema der Ausgabe außerdem weitere »spirituelle Abenteuer« auf Sie.
Das Interview für Tattva Viveka führte Ronald Engert.
Dies sind Ausschnitte aus dem Artikel.
Erfahren Sie mehr über den besonderen Zugang, den man zu der spirituellen Welt erhält, wenn man sich für einen gewissen Zeitraum in das »Nichts« zurückzieht.
Lesen Sie die vollständige Fassung in Tattva Viveka 76 oder downloaden Sie diesen Artikel einzeln als ePaper für 2,00 € (Pdf, 8 Seiten).
Erfahrungen im Dunkelretreat (PDF)
€ 2,00
Saskia Baumgart
Erfahrungen im Dunkelretreat
Eine Reise zu sich selbst und in spirituelle Welten
Neun Tage in vollkommener Dunkelheit. Was für den einen eine furchterregende Vorstellung sein kann, entpuppt sich oftmals als sehr heilsame Erfahrung. Wie viel man erleben kann, obwohl nichts im Außen passiert, erzählt uns Saskia Baumgart im Interview und zwar so viel, dass wir den Text in zwei Teile teilen mussten.
Zur Autorin
Saskia Baumgart, Sängerin, Gesangslehrerin & Vocal Coach, Gesangs-& Musiktherapeutin. Die gebürtige Berlinerin ist in Gesang, Musiktherapie & Somatic Movement Arts (Tanz, Bewegungs-Kunst & Heilung) sowie in schamanisch-spiritueller Arbeit ausgebildet, u. a. durch diverse Aufenthalte bei indigenen Kulturen (Amazonas, Mongolei, Nord-, Südamerika).
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