10 Jul Die Evolution des Bewusstseins
Ausweg aus der Krise
Auf dem Hintergrund der integralen Theorie von Ken Wilber untersucht der Psychologe Brehmer die bisherigen Stufen der biologischen Evolution und setzt sie mit der Evolution des Bewusstseins analog, das immer höherer Stufen der Komplexität und Integration erklimmt. Ziel der jetzigen Stufe der Bewusstseins-Evolution des Menschen sieht er im homo integralis, der über Meditation zu erreichen sein wird.
Ein neuer Denktypus ist unentbehrlich, wenn die Menschheit fortleben und sich höher entwickeln soll.
- A. Einstein
Ein defizienter Erkenntnismodus
Noch fehlt die kritische Masse. Aber die Zahl der Menschen, die erkannt hat, dass unsere Zivilisation nur durch einen Shift des globalen Bewusstseins einen Ausweg aus der Gegenwartskrise finden kann, diese Zahl steigt. Unser Planet muss sich mit einer desolaten Verwaltung abfinden: Während eine Milliarde Menschen hungern, und etwa 3,5 Milliarden von knapp 2 Euro pro Tag vegetieren – wir sprechen von mehr als der Hälfte der Menschheit – stellen die Zentralbanken der großen Industrienationen die astronomische Summe von 1,5 Billionen Euro zur Verfügung, um ein System zu retten, dass maßgeblich für diesen Widersinn verantwortlich ist. Nur ein Teil dieser Summe hätte für Projekte gereicht, um nachhaltig die Ernährung aller Menschen zu gewährleisten. Ähnlich verhält es sich mit den weltweiten Ausgaben von jährlich nahezu einer Billion Euro für Rüstungszwecke. Und nicht nur das. Wir quälen unseren Planet mit Umweltverschmutzung, Klimawandel, Kriegen und Terrorismus: Symptome einer Spezies mit einer anachronistischen Bewusstseinsstruktur und einem defizienten Erkenntnismodus. (…)
Unser Verstand operiert linear, die Realität aber ist ein mehrdimensionales System.
Der gegenwärtig vorherrschende Erkenntnismodus wird maßgeblich von der so genannten naturwissenschaftlichen Methode geprägt: Durch die Sinne gewonnene Daten werden mit dem Verstand aufgearbeitet und in einer Theorie zusammengefasst. Daraus werden Erkenntnisse abgeleitet und in Handlung umgesetzt. Zum Wohl, aber häufig auch zum Weh des Menschen. Zum Weh – das belegt die desolate Verwaltung unseres Planeten. Eines der Gründe dafür ist, dass unser Verstand linear operiert, die Realität aber ein mehrdimensionales System ist: Alles ist mit allem verbunden. Das führt uns die Natur mit der Umweltkrise drastisch vor Augen. Das führt uns auch gleichermaßen die globale Finanz -, Wirtschafts- und Sozialkrise vor Augen.
Was für die Quanten-, die System- und die Chaostheorie längst Fakt ist, kann der Verstand zwar zur Kenntnis nehmen, nicht aber analytisch nachvollziehen. Hier wäre ein komplementärer ganzheitlich-intuitiver Erkenntnismodus relevant, wie er im letzten Abschnitt der Studie umrissen und zur Diskussion gestellt werden soll.
Rationales Denken und Profitorientierung sind zwei Merkmale der gegenwärtig evolutionär erschlossenen Bewusstseinsstruktur. Doch die Evolution steht nicht still. Es zeichnen sich bereits eine zukünftige Ebene und neue Strukturen ab, die es zu erforschen gilt. Dabei ist die Auseinandersetzung mit den bisher im Verlauf der Evolution durchschrittenen Ebenen des Bewusstseins zur Orientierung hilfreich. Wir wollen diese knapp nachvollziehen und markante Phasenübergänge herausarbeiten, um eine Perspektive für das Kommende zu gewinnen. Dabei werden naturwissenschaftliche Befunde mit philosophischen Aussagen in Verbindung gebracht.
1. Phasenübergang: Der Urknall – die Entstehung des Universums
Gemäß des Standardmodells der Entstehung des Universums hat alles mit dem primordialen Symmetriebruch des VEREINHEITLICHTEN FELDES (wir schreiben alles die Raumzeit Überschreitende in Großbuchstaben) begonnen. Mit ihm sind der Raum, die Zeit und die Materie vor etwa 13,7 Milliarden entstanden. So kann man jedenfalls aus den Friedmann-Gleichungen schließen, die vom gegenwärtigen Zustand des Universums ausgehen und die Entwicklung rückwärts berechnen. Man kommt dann zwangsläufig an einen Punkt, an dem das Universum keine Ausdehnung mehr hatte und die Temperatur und Dichte unendlich groß gewesen sein mussten. Dieser Punkt kann nicht mehr mit den bekannten physikalischen Gesetzen beschrieben werden. Noch weniger haben diese Gesetze Gültigkeit zur Beschreibung dessen, was vor dem Urknall war, dem, woraus das Universum entstanden ist, von dem es durchdrungen wird und mit dem es sich ständig in Rückkoppelung befindet.
Die Quantenphysiker sprechen vom VEREINHEITLICHTEN FELD, denn hier müssen alle Grundkräfte der Natur, wie der Elektromagnetismus, die schwache Wechselwirkung (radioaktiver Zerfall), die starke Wechselwirkung (Zusammenhalt der Elementarteilchen des Atomkernes) und die Gravitation vereinigt sein.
Im Original-Aufsatz sind die Phasen und Übergänge viel ausführlicher dargestellt 😉 Auch mit schwergewichtigen Zitaten von großen Wissenschaftlern. Für 2,00 € gibt es die Vollversion (am Ende des Beitrags bestellbar)!
2. Phasenübergang: Die kosmische Evolution – Entstehung der Erde
Mit dem primordialen Symmetriebruch entsteht das bis in die Gegenwart hinein sich ausdehnende Universum. Schon in der ersten billionstel Sekunde zerfällt die Superkraft der Ursymmetrie in die vier Fundamentalkräfte der Natur. Der umgekehrte Vorgang wie im obigen Diagramm. (Eine erfolgreiche Simulation des Urknalls en miniature gelang den Quantenphysikern am europäischen Kernforschungszentrum Cern bei Genf im März 2010.) Mit zunehmender Ausdehnung und Abkühlung entstehen, ähnlich wie aus Wasserdampf Tropfen auskondensieren, die ersten Elementarteilchen: Quarks, Elektronen und Neutrinos. Später werden sich Quarks zu Neutronen und Protonen zusammenschließen und sich für den Aufbau von Atomkernen zur Verfügung stellen. Hier beginnt das auf allen Evolutionsebenen wirksame Bauprinzip des Zusammenschlusses von Einzelteilen, um eine Ganzheit auf höherer Ebene zu bilden. Und nach diesem Bauprinzip entsteht zunächst das Wasserstoffatom, der Grundbaustein des Universums und des Lebens.
Lesen Sie im vollständigen Artikel u.a., warum Quanten im Vakuum verschwinden und wieder auftauchen. Als ePaper einzeln bestellbar, oder gleich das ganze Heft nehmen!
3. Phasenübergang: Die chemische Evolution – Entstehung des Lebens
Die fantastische Makroevolution, die zur Entstehung der Erde geführt hat, ermöglicht fortan eine nicht weniger fantastische Mikroevolution, die zur Entstehung des Lebens führt. Die jungfräuliche Erde bietet einen reichen Boden an biogenen Elementen für die chemische Evolution. Zunächst entstehen die präbiotischen Moleküle, wie Aminosäuren, Zucker und Aldehyde, die so genannten Monomere. Möglicherweise entstehen sie in der Uratmosphäre unter Einwirkung von elektrischen Entladungen. Alsdann geht es um die Synthese präbiotischer Makromoleküle durch Aneinanderkettung der Monomere. Zusammenfügen von Einzelteilen, um Information zu steigern und um Systemgesetzmäßigkeiten – Emergenz – auszulösen ist das auf allen Stufen der Evolution wiederkehrende Bau- und Bewusstseinssteigerungs-Prinzip. DNA-Makromoleküle und Protein-Makromoleküle sind Vorbedingungen des Lebens. Und um die Möglichkeit ihrer Synthese im Rahmen neodarwinistischer Prinzipien unter den Bedingungen der frühen Erde streiten sich die Geister.
Im elementaren Organismus, der Urzelle, interagieren Materie und Bewusstsein auf das engste.
Irgendwann und irgendwie haben sich jedenfalls die DNA- und die Vorstufen der Protein-Makromoleküle zu einem festen Regelkreis zusammengefunden, von dem sich ein Hyperzyklus (Manfred Eigen) abhebt, den wir als Leben bezeichnen. Das Prinzip, das bislang die Selbstorganisation der Materie bewirkte, manifestiert sich jetzt als Leben. Es befähigt die Materie zum Stoffwechsel, zur Selbstreproduktion, zur Anpassung an die Umwelt und zur Selbsttranszendenz. Im elementaren Organismus, der Urzelle, interagieren Materie und Bewusstsein auf das engste. Dualistischer Interaktionismus ist immer auch zugleich Koevolution: Die Struktur gewinnt an Komplexität, das Bewusstsein an Intensität.
(…)
Lesen Sie im Volltext mehr dazu, was die Entstehung des Lebens mit dem Bewusstsein zu tun hat.
Solch ein System muss sich als Ganzes seiner selbst bewusst sein, denn der »Erlebniswert« des Lebens ist Bewusstsein. Es ist die »Innenseite der Dinge« (Teilhard de Chardin), die Subjektivität, die sich jetzt herausbildet und deren Außenseite sich in der Fähigkeit zur Autopoiese (Humberto R. Maturana) manifestiert. Die Urzelle bringt ihr rudimentäres, organismisches Bewusstsein und ihre elementare Individualität durch eine semipermeable Membran zum Ausdruck: eine winzige Insel biotischer Ordnung im weiten Ozean abiotischer Strukturen.
Dem Bewusstsein, der Subjektivität, gebührt in der Forschung die gleiche Zuwendung wie der Außenseite. Denn es ist die einseitige Erforschung der Materie, die zur Schieflage unseres Planeten beigetragen hat. Was wir brauchen ist eine ganzheitliche Naturforschung.
Über den Autor
Dr. Christian Brehmer studierte Psychologie in Sydney/Australien und widmete sich vornehmlich der Bewusstseinsforschung. In Nordaustralien lebte er unter den Ureinwohnern, den Aborigines, und setzte sich mit der Evolution des Bewusstseins auseinander. Seine Forschungsergebnisse legte Brehmer in einem Promotionsprojekt an der GHS/Universität Kassel nieder. Sie bilden die Grundlage seines populär-wissenschaftlichen Buches „Vom Urknall zur Erleuchtung“ (Verlag Via Nova).
Dies sind Ausschnitte aus dem Artikel.
Lesen Sie im 2. Teil in der Ausgabe 72 der Tattva Viveka, wie es mit der materiellen und geistigen Evolution weitergeht, wo wir als Menschheit jetzt stehen und was als die nächste Stufe emergieren wird. Der Aufsatz erschien zuerst 2010 in einem wissenschaftlichen Sammelband der Society for Meditation and Meditation Research (SMMR).
Die vollständige Fassung des ersten Teils lesen Sie in der Tattva Viveka 71 Auch für 2,00 € als ePaper erhältlich (Pdf, 8 Seiten).
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Aufbruch zu einer Integration auf einer neuen Ebene
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