Ewiger Frieden durch Transzendenz

Ewiger Frieden durch Transzendenz

Was sagen die spiritituellen Traditionen?

Autor: Ronald Engert
Kategorie: Veden/Yoga
Ausgabe Nr: 92

Die moralische Forderung nach Frieden bei gleichzeitiger Ablehnung des Krieges ist aus Sicht der Transzendenz unzureichend, denn es besteht die Gefahr, mit einer solchen Forderung partikularen Interessen bestimmter Gruppen zu dienen. In diesem Falle wäre die Forderung nach Frieden für einige eine Form der Gewalt gegen andere. Wie es sich aus der absoluten Sicht einer spirituell befreiten Perspektive darstellt und was die ewigen Prinzipien sein könnten, versucht dieser Beitrag zu klären.

Frieden ist ein Zustand, den alle Menschen erstreben und der auch höchst wünschenswert für die Menschheit ist. Allein, er ist nicht immer möglich, wie man an der Geschichte sieht, die immer schon eine Geschichte der Kriege ist.

Es stellt sich also nicht nur die Frage, was Frieden ist und wie man ihn erreicht, sondern auch, was Krieg ist und wie man damit umgeht und wie Frieden und Krieg möglicherweise einander bedingen. Und vor allen Dingen geht es um die Frage, wie wir einen endgültigen Frieden erreichen können, der nicht nur eine moralische Forderung innerhalb einer ungerechten und zerstrittenen Welt ist und bestenfalls zu einem Behelfsfrieden führt, der voraussehbar früher oder später wieder von einem Krieg abgelöst wird, weil das grundsätzliche Problem nicht gelöst wurde.

Bhagavad-gita, Walter Benjamin, Zwölf-Schritte-Programm

Das Wissen der Veden

In den heiligen Schriften des alten Indien gibt es dazu essenzielle Informationen. Besonders in der Bhagavad-gita erfahren wir viel darüber, denn hier geht es um Krieg und Frieden. Folgendermaßen ist die Geschichte der Bhagavad-gita:

Im alten Indien vor 5000 Jahren gab es zwei Königsgeschlechter, die Pandavas und die Kauravas, die miteinander verwandt waren und ursprünglich in Frieden und Freundschaft miteinander lebten. Während die Pandavas sehr religiöse Menschen waren, die ein tugendhaftes Leben führten, hatten sich die Kauravas im Laufe der Zeit auf Abwege begeben und lebten von Betrug, Raub, Erpressung und Schlimmerem, um ihre Macht zu halten und zu vergrößern. Man könnte sagen, es ist das typische Modell aller Mythen: der Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen.

Eine Episode erzählt zum Beispiel, wie die Pandavas in einem Würfelspiel von den Kauravas betrogen wurden und dadurch ihr Königreich verloren. Auch versuchten die Kauravas, die Pandavas zu töten, indem sie sie einluden, in einem Palast aus Schellack zu leben, und diesen dann in Brand setzten. Auf diese Weise gab es ständige Krisen, und die Pandavas versuchten, diese Probleme auf friedlichem Weg zu lösen. Allerdings kam es irgendwann trotz aller Bemühungen unvermeidlich zu einem kriegerischen Konflikt.

Der Krieg in der Bhagavad-gita

Die Pandavas waren fünf Brüder. Sie waren eng mit Krishna befreundet, der in einem benachbarten Königreich regierte. Insbesondere für Arjuna, einen der Pandava-Brüder, war Krishna ein enger Vertrauter. Krishna wiederum gilt in der indischen Überlieferung als Inkarnation Gottes, die in dieser Zeit auf der Erde erschienen war, um sie von der großen Last dämonischer Menschen zu erleichtern. Für die Menschen damals war er eine herausragende Persönlichkeit.

Als der Krieg nicht mehr zu vermeiden war und auch die diplomatischen Bemühungen Krishnas keine Früchte trugen, bot Krishna den beiden Kontrahenten gleichermaßen seine Hilfe an.

Er war nicht parteiisch, sondern lebte das Dharma, das heilige Gesetz der Religion, der ewigen und wahren Prinzipien der Gerechtigkeit und transzendentalen Sicht.

Deshalb bevorzugte er keine Partei und sagte zu Arjuna und dem Vertreter der Kauravas, Duryodana, Folgendes: »Ich werde in eurem Krieg nicht kämpfen, aber die eine Partei bekommt mich als Unterstützung und die andere Partei bekommt meine ganzen Streitkräfte zur Unterstützung. Wählt nun aus.« Duryodana drängte sich sofort vor und wählte das Heer, denn er sagte sich: »Wozu ist Krishna nutze, wenn er nicht kämpft? Ich werde das Heer nehmen, denn dann habe ich eine viel größere Streitmacht.« Arjuna wiederum war sich sofort darüber klar, dass er Krishna nehmen würde, auch wenn dieser nicht kämpfen würde, weil Krishna sein Vertrauter und ein sehr weiser und erfolgreicher Führer war. Arjuna hatte vollstes Vertrauen in Krishnas Unterstützung.

Ewiger Frieden durch Transzendenz

Es kam zum Tage der Schlacht bei Kuruksetra, einem legendären Ereignis, das auch historisch belegt ist. Die Heere standen sich auf dem Schlachtfeld gegenüber, und Arjuna bat Krishna, der ihn als Wagenlenker seines Streitwagens unterstützte, in die Mitte des Schlachtfeldes zu fahren, um zu sehen, wie die gegnerischen Reihen aufgestellt sind. Arjuna sah dann auf der Gegenseite »seine Väter, Großväter, Lehrer, Onkel mütterlicherseits, Brüder, Söhne, Enkel, Freunde und auch seine Schwiegerväter und seine Gönner« (Bg. 1.26). Als er dies sah, wurde er von Mitleid überwältigt und sprach die folgenden Worte:

»Mein lieber Krishna, beim Anblick meiner Freunde und Verwandten, die mit solcher Kampfbegierde vor mir stehen, beginne ich am ganzen Körper zu zittern, und mein Mund trocknet aus. Mein ganzer Körper zittert, und meine Haare sträuben sich. Mein Bogen Gandhiva gleitet mir aus der Hand, und meine Haut brennt. Ich bin nicht imstande, hier noch länger stehenzubleiben. Mein Geist ist verwirrt, und mir schwindelt. Ich sehe nur Unheil drohen, oh Krishna, Töter des Dämons Keshi. Ich sehe nicht, wie etwas Gutes entstehen kann, wenn ich in dieser Schlacht meine eigenen Verwandten töte; mein lieber Krishna, ebenso wenig begehre ich die Folgen dieses Tötens, wie Sieg, Besitz des Königreichs oder Glück.« (Bg. 1.28–31)

Wir sehen hier die klassische Situation eines Menschen, der ein gutes Herz hat und niemandem etwas zuleide tun möchte.

Lieber möchte er darauf verzichten, zu siegen oder das Königreich zu erhalten. Selbst auf sein eigenes Glück möchte er verzichten. Ihm schwindelt, und er zittert, er wird schwach und verliert die Orientierung.

Dies sind Ausschnitte aus dem Artikel.

Wie die Geschichte in der Bhagavad-gita weitergeht und welche Rolle hierbei das 12-Schritte-Programm spielt, erfährst du im vollständigen Artikel, der in Tattva Viveka 92 erschienen ist.

Tattva Viveka 94

Tattva Viveka Nr. 92

Inhalt der Ausgabe

Schwerpunkt: Frieden
Erschienen: September 2022

Thomas Hübl – Kollektives Trauma heilen. Ein Integrationsprozess • Ulrich Duprée – Vergebung auf Hawaiianisch. Wie das Verzeihen Heilung ermöglicht • Mironel de Wilde – Gewaltfreie Kommunikation. Eine Form des Bewusstseins •Dr. Dieter Duhm – Heilungsbiotope als Weg zum Frieden. Wie wir den Krieg überwinden und zu innerem und äußerem Frieden finden • Ronald Engert – Ewiger Frieden durch Transzendenz. Was sagen die spiritituellen Traditionen? • Sri Preethaji – Der Weg zur Erleuchtung. Wie man Grenzen überwindet und inneren Frieden findet • Dr. Patrick Krüger – Die unbekannte Religion der Jainas. Altes Wissen für eine moderne Welt • Catharina Roland – Das Manifest der neuen Erde. »Jeder kann zu einem Leuchtturm werden« • Florin Mihail – Achtsamkeit für ein langes Leben. Über Chromosomen, Stress und die Wunderwaffe Meditation • Prof. Dr. Peter Hubral – Adam und Eva. Der Mythos als Allegorie für den Weg des geistigen Aufstiegs • Buchbesprechungen • u.v.m.

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Über den Autor

Der Autor Ronald Engert

Ronald Engert, geb. 1961. 1982–88 Studium der Germanistik, Romanistik und Philosophie, 1994–96 Indologie und Religionswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/M. 1994 Mitgründung der Zeitschrift Tattva Viveka, seit 1996 Herausgeber und Chefredakteur. 2017 Bachelorabschluss in Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seitdem Masterstudium. 2022 Masterarbeit zum Thema »Mystik der Sprache«. Autor von »Gut, dass es mich gibt. Tagebuch einer Genesung« und »Der absolute Ort. Philosophie des Subjekts«.

Blog: www.ronaldengert.com
Zeitschrift: www.tattva.de

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