Von der Osho-Kommune zum spirituellen Dorf

Von der Osho-Kommune zum spirituellen Dorf

Zu Besuch im Parimal Gut Hübenthal

Autor: Stefanie Aue
Kategorie: Gemeinschaften/Projekte
Ausgabe Nr: 91

Einst in den 1980er-Jahren als Osho-Kommune gegründet, hat sich das Parimal Gut Hübenthal in Nordhessen mittlerweile zu einem spirituellen Dorf weiterentwickelt. Unsere Redakteurin Stefanie hat sich vor Ort umgesehen und Bewohner und Hof kennengelernt. Ein Erfahrungsbericht.

Zwei Atemzüge. Zwei Atemzüge lang schaue ich jedem der Teilnehmer in die Augen und versuche, ihn oder sie bewusst wahrzunehmen. Erstaunlich, wie schnell eine andere Person einem vertraut sein kann. Der Reihe nach begrüße ich auf diese Weise die anderen sechs Teilnehmer sowie die beiden Seminarleiter. Es ist ein Freitagabend im April und ich sitze auf einem Meditationskissen im Kreis mit den anderen neugierigen Seminarteilnehmern. Die holzgetäfelten Dachschrägen des Seminarraumes über mir werden von dicken dunklen Holzbalken getragen und strahlen Stabilität und Geborgenheit aus. Ich nehme an einem Kennenlern-Wochenende der Gemeinschaft Parimal Gut Hübenthal in Nordhessen teil. Meine Runde endet und ich spüre bereits eine gewisse Verbundenheit, ja sogar einen Gruppengeist, und freue mich darauf, die anderen in den nächsten zwei Tagen besser kennenzulernen.

Von der Osho-Kommune zum spirituellen Dorf

Ich selbst bin erst vor Kurzem, nach vielen Jahren WG-Leben und mehr als acht Jahren Gemeinschaftsleben, in meine erste eigene Wohnung gezogen. Und obwohl ich das Alleine-Leben in vollen Zügen genieße, weiß ich doch auch die Vorteile des Lebens in einer spirituellen Gemeinschaft zu schätzen. Gerade das interessiert mich auch am Parimal: die Verbindung zwischen gelebter Spiritualität und dem Zusammenleben in einer Community.

Die Osho-Kommune

Wenige Stunden zuvor bin ich mit dem Auto angereist. Über die schmale, kurvige Landstraße, die mich durch eine grüne hügelige Landschaft führte, weiter durch ein kurzes Stück Wald und hinunter ins Tal, zum ehemaligen Gutshof am Fuße von Schloss Berlepsch. Dort oben, auf dem Berg, wo das spätmittelalterliche Schloss thront, soll 1980 alles begonnen haben, als Sittich Graf von Berlepsch die erste Kommune gründete. Inspiriert wurde er dazu von seiner Begegnung mit dem Inder und spirituellen Lehrer Bhagwan Shree Rajneesh, oder kurz Osho (1931–1990). Zwei Jahre später bereits übergab er den Gutshof Hübenthal einer kleinen Gruppe von Sannyasins (Sanskrit: Entsagende), Männern und Frauen, die sich der Lehre Oshos verschrieben hatten. Mit der Zeit wurde das Parimal von einer steigenden Anzahl an Bewohnern immer mehr als Seminar- und Gästebetrieb geführt.

Nach der Übung mit dem Augenkontakt folgen eine Vorstellungsrunde und ein kurzer Abriss über die Gemeinschaft und deren Geschichte. Warum sind wir aus ganz Deutschland hierhergereist und wollen das Parimal kennenlernen? So unterschiedlich wie die Herkunft der Teilnehmer ist auch deren Motivation, einen Einblick in das Gemeinschaftsleben und Gut Hübenthal zu erlangen. Da ist beispielsweise Rebekka, die sich eine Auszeit von ihrem Job nehmen und eine andere Lebensweise kennenlernen will. Da sind aber auch Ulrike und John, das deutsch-australische Ehepaar, deren Kinder nun groß geworden sind und die sich nicht vorstellen können, alleine in einer Wohnung alt zu werden. Da sind aber auch Moni und Susann, die schon zum wiederholten Male beim Kennenlern-Wochenende mit dabei sind, weil es ihnen zuvor so gut gefallen hat.

Von der Osho-Kommune zum spirituellen Dorf

Dirk hingegen ist auf einer persönlichen Suche und freut sich darauf, interessante Menschen kennenzulernen. Und da bin ich, die sich dafür interessiert, wie ein auf spirituellen Idealen fußendes Gemeinschaftsleben gelingen kann.

Und schließlich sind da noch Kushad und Raji, die beiden Seminarleiter. Kushad, der schon von Anfang an dabei ist, erzählt uns die Geschichte des Platzes. Was einst als Osho-Kommune begann, hat sich im Laufe der Zeit verändert. Heute leben nicht nur Sannyasins auf Gut Hübenthal, auch Freunde und generell spirituelle Menschen haben sich hier niedergelassen. Es gibt auch eine Wohngemeinschaft mit jüngeren Bewohnern, die »Lotus-WG«. Auch die Besitzverhältnisse haben sich verändert. Sannyasin bedeutet übersetzt »Entsagender«, daher ist der Gedanke des individuellen Besitzes eher untypisch. Und auch das Parimal gehörte zu Beginn niemandem der Bewohner persönlich. Mit der Zeit gingen einzelne Wohnungen jedoch in den Besitz der dort Ansässigen über. Ein Großteil des Ortes gehört heute einer Stiftung, die für diesen Zweck gegründet wurde. Kushad wünscht sich, dass in Zukunft der gesamte Platz in die Stiftung übergeht.

Bewegung bringt Lebensfreude

Nun aber ist Raji an der Reihe.

Sie zeigt uns typische Elemente aus Oshos spiritueller Praxis: das Schütteln und Tanzen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass dies Elemente waren, die maßgeblich zur Beliebtheit dieser Praxis beigetragen haben. Wir stellen uns hin und bewegen uns zu dynamischer Instrumentalmusik. Zunächst schütteln wir den ganzen Körper durch, von den Zehen bis in die Fingerspitzen. Während wir den Prozess zunächst willentlich in Gang bringen, übernimmt der Körper schließlich automatisch die Bewegung. Ich merke, wie mein Körper Anspannung loslässt und meine Muskulatur gelockert wird. Dann folgt eine Phase des freien Tanzens. Erst jetzt merke ich, wie lange ich meinen Körper nicht mehr rhythmisch bewegt habe. Definitiv zu selten in den letzten paar Jahren!

Das war nur der Anfang des Artikels.

Was unsere Redakteurin Stefanie noch alles an diesem Wochenende erlebt hat und was die dynamische Meditation nach Osho so dynamisch macht, erfährst du im vollständigen Artikel in der Tattva Viveka 91.

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Schwerpunkt: Leben in Gemeinschaft
Erschienen: Juni 2022

Jo Eckardt – Überleben in Gemeinschaft. Wie die Evolution Kooperation und Altruismus entstehen ließ • Johannes Heimrath und Lara Mallien
Im Vertrauensraum transparent sein. Wie Gemeinschaft gelingt • Stefanie Raysz – Leben, Lernen und Arbeiten an einem Ort. Das Leben einer Familie in der Gemeinschaft • Claus Reimers – Ein Leben für die Gemeinschaftsbewegung. Einblick in die Entstehung und Entwicklung der Gemeinschaft Schloss Tempelhof • Stefanie Aue
Die Community lebendig halten. Vor Ort in der Gemeinschaft Parimal Gut Hübenthal • Achim Ecker – Lieben ist eine politische Aufgabe. Langjährige Gemeinschaftserfahrung im ZEGG • Barbara Stützel – Gemeinschaft als Entwicklungsweg. Welche persönlichen Fähigkeiten zu mehr Verbundenheit beitragen • Dieter Halbach – »Beteiligung ist das Herz der Demokratie«. Wie die Prinzipien der Gemeinschaftsbewegung in der Gesellschaft angekommen sind • Dr. Thomas Steininger – Der Mut zu träumen. Commons, Blockchain, Peer-to-Peer-Beziehungen und die Vision einer neuen Netzwerkkultur • Ronald Engert – Die Wahrheit wird uns nicht davonlaufen. Plädoyer für Walter Benjamin • Dr. Annette Blühdorn – Das metaphorische Herz Teil 2. Zeuge des archaischen Bewusstseins • Dr. Iris Zachenhofer und Andraes Kalff – Die Annäherung von Medizin und Schamanismus. Ein Weg ganzheitlicher Heilung • u.v.m.

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Über die Autorin

Unsere Redakteurin Stefanie Aue

Stefanie Aue ist Redakteurin der Tattva Viveka und freie Journalistin. Als Sozial- und Medienwissenschaftlerin sowie Yogalehrerin gilt ihr Interesse gesellschaftlichen und individuellen Transformationsprozessen. Sie lebte mehr als acht Jahre selbst in verschiedenen Gemeinschaftsprojekten.

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