26 Mrz Die Versöhnung von Natur- und Geisteswissenschaft
Erkenntnistheoretische Implikationen aus den Forschungen der Quantenphysik
Autor: Ronald Engert, Gabriele Sigg
Kategorie: Philosophie
Ausgabe Nr: 70
Bislang verstanden sich Natur- und Geisteswissenschaften als Konkurrenten, wobei die Naturwissenschaft in den letzten Jahrhunderten der klare Sieger war. Die Geisteswissenschaften ahmen heute die Naturwissenschaften nach. Eine rationale »exakte Methode« soll auch zur Messung menschlicher Phänomene dienen. Am Anfang herrschte die Religion. Sie wurde von der Rationalität abgelöst. Heute besteht die Möglichkeit, dass sich Geistes- und Naturwissenschaftler die Hände reichen und zusammen in eine neue Form der Ko-Kreation treten.
Aufklärung und Religion: Vom religiösen Tabu der Sezierung zur Genmanipulation
Wir sehen uns heute einer Menge negativer Konsequenzen des Forschungs- und Veränderungsdrangs der Menschheit gegenüber: Nuklearwaffen, Genmanipulation, RFID-Verchippung, digitale Überwachung usw. Im Mittelalter war es jedoch das Gegenteil: religiöse Dogmatik. Dies hieß, dass nichts hinterfragt werden durfte und alles geglaubt werden sollte. Der Körper durfte nicht seziert werden. Die Antastung des Körpers und die Hinterfragung der »Gott gegebenen« Ordnung galt als Tabu und Sünde. Man sollte dem vorgegebenen Wissen Glauben schenken, nicht wissen.
Für die Aufklärung und die Wissenschaft ist die Religion obsolet. Dies ist eine Umwertung aller Werte.
Die Aufklärung stellte dies in Frage. Durch den Siegeszug der Aufklärung wurde die Transzendenz, das Immaterielle, als Illusion diskriminiert. Weil man es nicht sehen und anfassen, nicht messen und wiegen kann, ist es nicht real – so die Grundthese. Man kann dies als Revanche der Wissenschaft gegenüber der Religion verstehen. Es war die alte Religion, die fest davon überzeugt war, dass die materielle Welt sündig oder eine Illusion ist, und dass die sichtbaren Dinge uns nichts über die Wahrheit sagen können. Das Reich der Wahrheit und des ewigen Lebens dachte man sich im Jenseits, fern ab vom irdischen Jammertal, in dem die Bedingtheiten durch Raum und Zeit zu Armut, Angst, Krankheit, Schmerz und Tod führten. Das materielle, körperliche Leben galt als minderwertig.
Dieser Affront gegen die materielle Welt kippte mit dem Aufkommen der Naturwissenschaften und der Aufklärung in sein Gegenteil. Für die Aufklärung und die Wissenschaft ist die Religion obsolet. Dies ist eine Umwertung aller Werte. Das Höchste und Heiligste, der Glaube an Gott, wurde zum Niedrigsten und Lächerlichsten. Das wiederum, was vorher geschmäht und verachtet war, das Irdische, wurde zum Höchsten und am meisten Geachteten. Der Siegeszug der kapitalistischen Wirtschaft und der daraus hervorgehende materielle Wohlstand gehören in diese Entwicklung, ebenso wie die Technik und die Erforschung des menschlichen Körpers von der allgemeinen Medizin bis zur Gentechnik.
Quantenphysikalische Experimente: Materie lebt!
Die Quantenphysik zeigt, allein die Beobachtung durch den Experimentator reicht aus, dass sich das subatomare Beobachtungsobjekt verändert. Dies lässt den Schluss zu, dass auch immaterielle Phänomene wie das beobachtende Bewusstsein des Forschers nach physikalischen Kriterien wirksam und somit real sind.
Mithilfe der Quantenphysik kann gezeigt werden, dass Masse mengenmäßig nur 0,000000001 Prozent (Warnke 2015, S. 60) ausmacht. Hans-Peter Dürr formuliert es in dem provokanten Satz: »Es gibt keine Materie!« (Dürr 2013). Trotz dieser Tatsache halten weite Teile der Bevölkerung und der Wissenschaft am materialistischen Weltbild fest, wobei sie behaupten rational zu sein. Auch dies ist ein Glaube, denn die geistige Existenz ist bereits bewiesen! Wie sie nun genau aussieht und sich konstituiert, ist die entscheidende Frage, welche eine philosophische Untersuchung notwendig macht.
Einen allgemeinen Einführungstext zur Quantenphysik finden Sie hier.
Die materielle Welt ist somit eine Ausfaltung der Potenzialitäten.
Das Doppelspaltexperiment (s. Infokasten) etwa besagt, dass Wellen und Teilchen simultan und multidimensional vorliegen. »Objekte« bestehen nicht als feste Größen, sondern als Optionen und Möglichkeiten, da die Materie nur eine geringe Prozentzahl im Verhältnis zu den 99,999999999 Prozent der Möglichkeiten ausmacht.
Mehr über die quantenphysikalischen Erkenntnisse können Sie im vollständigen Artikel lesen. (Bestellmöglichkeit am Ende des Beitrags!)
Das Verhältnis von Geist und Materie
Das verkörperte Lebewesen ist weder Welle noch Teilchen, sondern stehende Welle (vgl. Wagner 2001). Unser spiritueller Anteil ist der ewige Fluss, aber die materielle Welt bildet einen Widerstand, an dem sich der ewige Fluss zu einer Welle bricht, gleich wie ein Schilfrohr, das im fließenden Wasser steht, eine stehende Welle erzeugt. Obwohl die spirituelle Essenz weiter fließt, bleibt die Form als scheinbar feste bestehen.
Das ist, was wir sehen, wenn wir eine lebende Form sehen. Feste Materie ist nur ein verschwindend geringer Teil der gesamten energetischen Anwesenheit. Ein ausreichend kleines Objekt durchdringt unseren Körper, als sei er ein Weltraum. Wenn jedoch zwei Körper gleicher Dichte und Größe aufeinandertreffen, so erleben sie sich gegenseitig als ausreichend fest, um sich als Körper wahrzunehmen, wie das bei der Begegnung zweier menschlicher Körper aufs Angenehmste der Fall sein kann. Trifft jedoch ein Objekt von wesentlich höherer Dichte auf ein Objekt von geringerer Dichte, werden sensorische Empfindungen von Härte bzw. Weichheit auftreten, wie dies zum Beispiel bei der Berührung unseres Körpers mit einem Messer oder einem weichen Bett der Fall ist. Diese Wahrnehmungen sind relativ.
Eine ausführliche Beschreibung der Beschaffenheit der scheinbar materiellen Dimension finden Sie im vollständigen Artikel. 😉 Unten können Sie bestellen!
Die Erschaffung der Welt durch Gedanken und Gefühle im sozialkulturellen Raum
In der New-Age-Szene ist die weitläufige Behauptung verbreitet, dass unsere Gedanken unsere Realität erschaffen würden. Wir könnten alle unsere Wünsche einfach durch einen bloßen Gedanken manifestieren. Stimmt dies so oder welche Erkenntnisse lassen sich dazu aus der Quantenphysik festhalten?
Warnke (2015, S. 155) schreibt dazu:
»Gleich stürzen wir ab.« So ein Gedanke in einer Schrecksekunde im Flugzeug gedacht, hätte eine enorme Wirkung. Wenn es so einfach wäre, hätte die Spezies Mensch sicher nicht überlebt. Und in der Tat ist die Natur weise genug, bei der Realitätsschaltung die folgenden vier Punkte zu berücksichtigen:
Welche vier Punkte tragen zur Schöpfung der Realität bei? Das steht im vollständigen Beitrag. Denn können wir hier leider nicht kostenlos abdrucken. Aber für nur 2,00 € Unterstützungsbeitrag sind Sie dabei!
Heißt das nun, wir brauchen die Quantenphysik gar nicht? Nein! Vielmehr hilft uns die Quantenphysik in Kombination mit der Geisteswissenschaft, geistige Phänomene noch besser erklären zu können. Hellsehen, Telepathie oder Geistheilung sind nunmehr keine Spinnereien mehr, sondern ergeben mit Hilfe der quantenphysikalischen Erkenntnisse nun weitaus mehr Sinn, sind gar eine logische Konsequenz. Anstatt also Natur- gegen Geisteswissenschaften auszuspielen, und um die Vorherrschaft in der wissenschaftlichen Rangfolge zu kämpfen, können sie zusammen dem großen Ganzen und der Menschheit dienen.
Darüber hinaus zeigen die Erkenntnisse der Quantenphysik auch, dass die klassischen weiblich-qualitativen Methoden der Geisteswissenschaft große Bedeutung haben. Man kann Menschen nicht quantitativ vermessen, sondern nur qualitativ verstehen. Die klassische Hermeneutik ist heute selbst in den Geistes- und Sozialwissenschaften in Verruf geraten, weil unter der Doktrin der mechanischen Physik mechanistische Modelle herhalten sollen: die Vermessung der Menschen mittels empirischer Statistiken. Das Subjekt wurde auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften zum leblosen Objekt degradiert. (…)
Zu den Autor*innen
Gabriele Sigg, geb. Studium der Soziologie, Vergleichenden Kulturwissenschaft und Philosophie an der Universität Regensburg. Beendet momentan ihre Promotion im Fach Soziologie an der Humboldt Universität zu Berlin und arbeitet freiberuflich in der Redaktion der Zeitschrift Tattva Viveka.
Ronald Engert, geb. 1961. Studium der Germanistik, Romanistik und Philosophie, später Indologie und Religionswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/ M. 1994 Mitgründung der Zeitschrift Tattva Viveka, seit 1996 Herausgeber und Chefredakteur. Seit 2015 Studium der Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Autor von »Gut, dass es mich gibt. Tagebuch einer Genesung« und »Der absolute Ort. Philosophie des Subjekts«. Blog: www.ronaldengert.com
Dies sind Ausschnitte aus dem Artikel.
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Ronald Engert/ Gabriele Sigg
Die Versöhnung von Geistes- und Naturwissenschaften
Bislang verstanden sich Natur- und Geisteswissenschaften als Konkurrenten, wobei die Naturwissenschaft in den letzten Jahrhunderten der klare Sieger war. Die Geisteswissenschaften ahmen heute die Naturwissenschaften nach. Eine rationale »exakte Methode« soll auch zur Messung menschlicher Phänomene dienen. Am Anfang herrschte die Religion. Sie wurde von der Rationalität abgelöst. Heute besteht die Möglichkeit, dass sich Geistes- und Naturwissenschaftler die Hände reichen und zusammen in eine neue Form der Ko-Kreation treten.
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Alle Bilder: © Henry Landers
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